Nach 45 Jahren gehen die Lichter aus. Für zwei Kinos gibt es nicht genügend Publikum in Norderstedt. An der Ohechaussee entsteht ein Bürohaus.

NZ-Redakteur Michael Schick schrieb am 21. April 2001:

Der letzte Film wird am 2. Mai über die Leinwand flimmern, dann schließt das Palette-Kino an der Ohechaussee endgültig seine Türen. Nach 45 Jahren stirbt damit ein Stück Norderstedter Kinogeschichte. Wirtschaftliche Gründe nennt Mitbetreiber Marco Carini als Ursache, die bundesweite Kinokrise habe auch in der fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins ihren Tribut gefordert.

"Der Markt ist durch immer neue Multiplexkinos übersättigt. Der wirtschaftliche Kuchen aber bleibt gleich, nur immer mehr Betreiber wollen ein Stück davon haben", sagt Carini. Die Hoffnung, in Norderstedt am Markt mit zwei Kinos bestehen zu können und damit ein möglichst breites Filmspektrum zu präsentieren, sei nicht aufgegangen. Im August 1997 hatten die Palette-Betreiber Marco Carini, Claire Carini-Richarz und Hans-Joachim Bunar das Spektrum-Kino in Norderstedt-Mitte eröffnet. Sie wollten mit dem Neubau dem Publikum ein modernes, den gestiegenen Ansprüchen an cineastische Qualität entsprechendes Lichtspieltheater bieten. Mit cineastischer Qualität ist die Kinotechnik gemeint, auf anspruchsvolle Filme, die nicht unbedingt den Massengeschmack treffen, müssen die Norderstedter allerdings weitgehend verzichten. Das neue Filmtheater avancierte schon bald zum ersten Haus am Platz und ließ das Palette-Kino hinter sich.

Doch wirtschaftlich zahlte sich die Investition nicht aus. Die Bilanzen beider Häuser wiesen rote Zahlen auf, sodass die Betreiber reagieren mussten. "Die Entscheidung, das Palette-Kino zu schließen, ist uns nicht leicht gefallen. Sie war aber seit Jahren überfällig und konnte nicht länger hinausgeschoben werden", sagt Carini, der an die Geschichte des Norderstedter Filmtheaters erinnert.

1956 surrten die Projektoren erstmals in den Kinoräumen an der Ohechaussee. Immer war das Kino in Familienbesitz, auch als die Familie Carini 1984 das Ruder übernahm. Doch die 330 Plätze in den drei Sälen können mit dem heutigen Standard nicht mehr konkurrieren. Dolby-Surround-Sound, der das Echtheitsgefühl steigert, und gehobener Sitzkomfort locken die Besucher eher in die großen Filmpaläste.

"Der Weg von Norderstedt nach Hamburg ist nicht weit. Und gerade die Jüngeren, die nach dem Kinobesuch noch etwas erleben wollen, fahren lieber in die Großstadt", sagt Carini. Das cineastische Angebot in der Metropole habe in den vergangenen Jahren mit dem Cinemaxx und den UCI-Kinos erheblich zugenommen. "Außerdem fehlt hier das Publikum, das sich auf Nischenkino einlässt", sagt Carini. So seien die Versuche, Streifen abseits kommerzieller Produktionen zu etablieren, gescheitert.

Für acht bis neun parallel ausgestrahlte Filme und sechs Leinwände gebe es in Norderstedt offenbar nicht die nötige Resonanz. Zweidrittel der Einnahmen würden mit zwei bis drei Filmen erzielt. Die werden in Zukunft im Spektrum-Kino zu sehen sein. Mit dem Lichtspielhaus an der Rathausallee bleibe ein attraktiver Standort für Filmfans erhalten. Hier würden auch künftig alle Leinwand-Highlights mit hochwertiger Technik gezeigt, kündigt Carini an.

Ein Neubau an anderer Stelle ist gegenwärtig angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation in der Branche für die Betreiber der Norderstedter Filmtheater kein Thema. Die bisherigen Kino-Räume an der Ohechaussee werden abgerissen. An ihrer Stelle soll ein neuer, mehrstöckiger Wohn- und Bürokomplex hochgezogen werden.

"Victor Vogel", "Save the last Dance", "Mädchen, Mädchen" und "Das Experiment" sind die letzten Filme, die im Norderstedter Palette-Kino an der Ohechaussee gezeigt werden. Am 2. Mai werden die Lichter für immer ausgehen.