Die Norderstedter Unternehmer Nils und Knud Vielhaben bezichtigen drei Mitarbeiter von Minister Volker Rühe (CDU) des Betruges.

In der Ausgabe für den 19./20. September 1998 schrieb NZ-Redakteur Michael Schick:

Die Firma Vielhaben hatte Fräsen für die Minensuche im ehemaligen DDR-Todesstreifen gebaut. Das Bonner Ministerium war an den Familienbetrieb herangetreten. Die Verantwortlichen auf der Hardthöhe suchten nach effektiveren und schnelleren Wegen, um die innerdeutsche Grenze minenfrei zu machen. Sie befürchteten, mit den herkömmlichen Verfahren die Zeitvorgabe nicht erfüllen zu können. Der Druck war enorm. Kanzler Kohl hatte den Auftrag zur Chefsache erklärt. Er wollte zum fünften Geburtstag der Wiedervereinigung vor den hochkarätigen Gästen glänzen. Vielhabens Minennachsuchfräsen schafften die Arbeit schließlich noch vor dem festgesetzten Termin.

"Aber bisher haben wir nicht mal unsere Investitionen wieder herausbekommen", sagt Nils Vielhaben. Sechs Millionen Mark hatten die Unternehmer ausgegeben, um die drei mehrere Tonnen schweren und jeweils 500 PS starken Minenräumer auf dem Firmengelände an der Oststraße zu bauen. Bis sie schließlich den Todesstreifen durchkämmten, mussten sie immer wieder nachgerüstet und verändert werden.

Das Ministerium habe den Preis für die Arbeit schließlich in einem "Knebelvertrag" weit unter die im Angebot geforderte Summe gedrückt. "Wir konnten nicht mehr ablehnen, denn dann wären wir völlig leer ausgegangen, obwohl wir schon drei Millionen Mark Vorleistung erbracht hatten", sagt Vielhaben. Zudem habe das Ministerium den Einsatz der teuren Spezialmaschinen immer wieder hinausgezögert, sodass die Norderstedter Firma nur noch einen Bruchteil der ehemaligen Demarkationslinie von den tödlichen Sprengkörpern habe befreien können. "Man hat uns mit dem Hinweis auf die nationale Aufgabe quasi in die Pflicht genommen", sagt Vielhaben. Bisher seien vier Millionen Mark auf dem Firmenkonto eingegangen - das sei aber erst rund die Hälfte des ihnen eigentlich zustehenden Betrages.

"Fast drei Jahre nach dem Ende der Arbeiten warten wir immer noch auf unser Geld", sagt Nils Vielhaben, der gestern mit seinem Bruder vor dem Haus von Minister Rühe in Harburg demonstrierte. An einem Kastenwagen hatten sie ein meterlanges Spruchband befestigt. Gleichzeitig übergaben die Firmenchefs der Frau des Ministers einen Protestbrief. Rühe selbst war nicht da. Das Ministerium hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Räumauftrag sei an eine Fremdfirma vergeben worden. Daher sei die Behörde auch nicht dafür verantwortlich, welche Vereinbarungen zwischen der Firm GRV und Vielhaben getroffen worden seien.