Das Haus soll für Aufsehen sorgen. Umgesetzt wird das Projekt von einem Büro, das auch die Elbphilharmonie plant.

Norderstedt. Mit einem kindlichen Grinsen im Gesicht sitzt Hans-Joachim Grote am Donnerstag an den Steuerhebeln des 300 PS starken Caterpillar-Baggers 325D. Unter der Anleitung eines Baggerführers gelingt es Norderstedts Oberbürgermeister, die schwere Schaufel des Baggers in die Seitenwand eines verfallenen Sozialgebäudes der alten Potenbergwerk-Fabrik zu lenken. Grote legt kurz nach 11 Uhr im Führerhaus einen Hebel nach vorne, die Schaufel gräbt sich mit einem hydraulischen Druck von 360 bar in die Wand und drückt sie ein. Danach lässt Grote die Schaufel tanzen, Dachlatten splittern, Steine bersten. Der Baubeginn des Kulturwerks am See fällt brachial aus.

20 Jahre sei es her, sagt Grote, dass in dem Werk an der Stormarnstraße der letzte Kalksandstein gefertigt wurde. Jetzt soll hier bis zur Eröffnung der Landesgartenschau im Frühjahr 2011 Norderstedts neues Veranstaltungszentrum entstehen. Fünf Millionen Euro kostet es, aus dem maroden Fabrikgebäude ein "weit über die Grenzen Norderstedts hinaus" ebenso architektonisch wie kulturell spektakuläres Kulturwerk zu machen. Für weitere 2,35 Millionen Euro wird genau dort, wo Grote mit dem Zerlegen des Sozialgebäudes begonnen hat, die neue Musikschule der Stadt gebaut, ein Glaskubus, der das musikalische Zentrum der Stadt werden soll, so Grote.

Das Bauherren-Konstrukt sieht so aus: Die Projektsteuerung hat die Stadtpark GmbH, Bauherr ist die Stadt Norderstedt, das Budget dafür gibt die Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH (MeNo) frei, und die gesamte Planung der Bauarbeiten übernimmt eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Hamburger Architekten Klaus Roloff vom Architektur-Büro Medium in Hamburg und dem Architektur- und Ingenieurbüro Höhler und Partner in Hamburg. Das Büro Medium hat unter anderem die Zeise-Hallen in Altona und die gläserne Zentralbibliothek Recht auf der Rothenbaumchaussee gebaut. Höhler und Partner haben auf der vielleicht derzeit spektakulärsten Baustelle der Welt Verantwortung: die Projektsteuerung sowie die Kosten- und Terminplanung für die Elbphilharmonie Hamburg. Ähnlichen Ruhm wird das Norderstedter Kulturwerk wohl kaum erlangen - hoffentlich auch nicht in Bezug auf die Kostenexplosion, die die Stadt Hamburg auf dem Kaispeicher A erlebt. In der Norderstedter Politik bleibt das Kulturwerk samt Musikschule umstritten. Doch trotzdem sich die Mehrheit in der Stadtvertretung derzeit mal wieder in der Hand der Kritiker des Projektes (SPD, Linke und GALiN) befindet, machten diese keine Anstalten, das Projekt noch zu verhindern.

Und so entsteht nun auf vier Ebenen im Potenbergwerk ein Raum für Veranstaltungen, Ausstellungen, Feste und Konferenzen. Mittelpunkt soll der große Saal mit seinen bis zu 400 Sitzplätzen auf zwei Ebenen sein. Für kleinere Events steht die mehr als 100 Quadratmeter große Studiobühne zur Verfügung. Im Foyer ist Platz für kleine Veranstaltungen und Feiern, und für einen Absacker mit Ausblick auf den Stadtpark-See gibt es ab 2011 im dritten Obergeschoss die "Werkbar". Stolz ist die Stadt auf das innovative Heiz- und Lüftungssystem, das mit natürlicher Luftzufuhr arbeitet und in den Innenräumen des Kulturwerks für energiesparende Erwärmung und den energiesparenden Austausch der Luft sorgen soll. Rajas Thiele von der MeNo wird das Programm des neuen Kulturwerks gestalten - vom Rockkonzert über den Kammermusikabend bis hin zu Lesungen und Theaterauf-führungen soll alles dabei sein. Die Kulturschaffenden Norderstedts sollen eingebunden werden. Grote: "Wer immer motzt, in Norderstedt sei nichts los, der ist aufgefordert, in diesem Kulturwerk mitzumachen."