Tangstedt/Norderstedt. Morgens, mittags, abends und selbst in der Nacht: Über die Tangstedter Hauptstraße donnert der Schwerlastverkehr. Brummis mit 40-Tonnen-Last aus Osteuropa oder Ostdeutschland. Dazu jede Menge kleine Transporter, Lieferwagen und Personenwagen, die die Hauptstraße durch Tangstedt und im Anschluss die Harksheider Straße durch Wilstedt als Abkürzung in Richtung der Schleswig-Holstein-Straße nutzen. Das "Mahnmal" dieser für die Anwohner unmöglichen Situation ist ein Betonpoller an der Ecke Tangstedter Straße und Dorfring in Wilstedt: Lastwagen mit Überlänge legen ihn beim Abbiegen regelmäßig mit den Reifen des Anhängers um. Immer wieder lassen die Straßenverkehrsbehörden den Poller aufstellen. Selten vergeht ein Woche - dann liegt er wieder flach.

Der Tangstedter CDU-Kreistagsabgeordnete Jürgen Lamp nimmt den seit Jahren kochenden Unmut der Bürger nun als Auftrag: In der Kreistagssitzung am Montag bringt er mit einer Anfrage die alte Forderung nach einer Umgehungsstraße wieder in die politische Diskussion.

Lamp will von den Verkehrsbehörden und vom Kreis Stormarn wissen: Wie kann der Durchgangsverkehr in Tangstedt reduziert oder umgeleitet werden, ist die Einrichtung einer "durchgangfreien Verkehrszone" möglich? Welche Chancen hätte eine Umgehungsstraße? Ist die lange diskutierte Trasse von der B 432, über den Forstweg, durch den Tangstedter Forst zur Schleswig-Holstein-Straße finanziell machbar? Kann zumindest der nächtliche Schwerlastverkehr aus den Orten verbannt werden?

"Der Druck in der Bevölkerung ist groß. Das haben wir im Wahlkampf ganz stark gemerkt", sagt Lamp. Er selbst wohnt am schlecht ausgebauten Kringelweg in Wilstedt. Als er kürzlich krank zu Hause lag, fiel ihm auf, dass vor allem Lastwagen aus Osteuropa und Ostdeutschland plötzlich über die kleine Straße donnerten. "Die Navigationsgeräte führen die Lastwagenführer über diese Route", sagt Lamp. Schleichwege werden so zu Hauptverkehrsrouten.

Die Diskussion um den Durchgangsverkehr berührt in hohem Maße auch Norderstedter Befindlichkeiten. Donnert der Schwerlastverkehr nicht mehr durch Tangstedt und die Schleswig-Holstein-Straße in die Norderstedter Industriegebiete oder zur Autobahn, dann kommt er über die B 432 und durch Glashütte direkt auf den Knoten Ochsenzoll zu. Auf Kosten der Nerven der Tangstedter Bürger stehen die Norderstedter am Ochsenzoll nicht grundsätzlich im Brummi-Stau. "Norderstedt entwickelt sich, und wir haben nur den Durchgangsverkehr", sagt Lamp.

Angesichts des Umbaus der Ochsenzollkreuzung wünscht sich die Stadt Norderstedt alles andere als noch mehr Verkehr, der auf die überlastete Kreuzung zuläuft. Kommt die Diskussion in Tangstedt also zur Unzeit? "Im Gegenteil", sagt Jürgen Lamp. "Gerade im Zusammenhang mit dem Umbau sollten sich die beiden Kreise Segeberg und Stormarn an einen Tisch setzen und die Problematik besprechen." Außerdem glaubt Lamp nicht, dass es für Tangstedt während der Bauphase am Ochsenzoll eine Lösung gibt.

Unterdessen müssen sich die Tangstedter mit dem Krach und der Gefahr an ihren Dorfstraßen arrangieren. Etwa Jürgen Siggelkow, der direkt an der Harksheider Straße sein Haus hat. Der Pensionär war in den 80er-Jahren Kopf einer Bürgerinitiative, die eine Umgehungsstraße für Tangstedt gefordert hat. Heute fotografiert er Lastwagen von Berliner Umzugsfirmen oder osteuropäischen Speditionen vor seiner Haustür - zur Dokumentation. Siggelkow: "Vielleicht muss hier erst jemand umgefahren werden, ehe wirklich etwas geschieht."