Weil seine älteren Freunde alle rauchten, griff er auch zum Glimmstengel. Für die Norderstedter Zeitung hat der Segeberger, der noch rechtzeitig die Kurve bekam, seine Geschichte aufgeschrieben.

Ich war gerade 14 geworden, als ich zum erstenmal Drogen nahm. Das ist nun länger als ein Jahr her, aber trotzdem war es ein erschreckend junges Alter. Mit 14 Jahren dürfte man als "normales" Kind noch nicht einmal in die Nähe von solchen Sachen kommen. Ich sehe das an meinem Cousin und meinen Cousinen, die in Niedersachen in einem kleinen Ort leben, die haben wirklich keinen Plan von diesen Dingen, sie werden mit diesen Dingen nicht konfrontiert. Anders als bei uns in Bad Segeberg eben. Viele meiner Freunde waren PC-Freaks, die die ganze Zeit nach der Schule Kriegsspiele spielten und ihr ganzes Geld für PC-Hardware ausgaben.

Aber ich war immer anders! Ich interessierte mich für mittelalterliche Rollenspiele wie "Gothic" oder später "Titan Quest". Trotzdem war ich aber immer auch gerne draußen. Nur am PC hocken und spielen, das konnte ich nicht. Da ich eigentlich meist nur ältere Freunde hatte, habe ich mit 14 Jahren angefangen zu rauchen.

Als es langweilig wurde, war ich schon süchtig.

Irgendwie rauchten alle, und ich kam mir blöd vor - also fing ich damit an. Ich mochte es, aufregende und verbotene Sachen zumachen, von denen keiner etwas zu Hause mitbekam. Das war spannend. Deswegen sah ich im Rauchen auch mehr ein Spiel als eine Sucht. Und als es langweilig wurde, war ich eigentlich schon süchtig nach Zigaretten. Es dauerte, bis ich das so raffte. Also versuchte ich aufzuhören, denn Zigaretten kosten ja Geld - und ich bekam wenig Taschengeld.

Während ich Probleme damit hatte, mit dem Rauchen wieder aufzuhören, nahmen allerdings viele meiner Freunde schon Drogen. Ich schaffte es auch nicht, aufzuhören mit der Qualmerei, aber Drogen? Das war gefährlich, ich wusste es. Doch als ich versuchte, mich davon fern zu halten, war ich schon der Looser! Denn meine Freunde sahen den Ernst der Lage nicht, irgendwie gehörte ich nun auch wieder nicht so richtig dazu, und sie haben mich mit ihrem Leichtsinn angesteckt. Ich hab's zugelassen, weil ich natürlich auch neugierig war, was Drogen mit einem machen, was "anders" an ihnen ist als an normalem Nikotin. Neugier und "dazu-gehören-wollen" - das waren starke Argumente, es wenigstens mal zu versuchen.

Ich machte mir einfach keine weiteren Gedanken.

Anfangs war ich ja immer nur dabei und sah zu, wenn die anderen Drogen rauchten, doch irgendwann nahm ich auch mal einen Zug. Später bis zu vier Zügen. Zurückhaltend war ich schon, denn ich hatte auch Angst.

Zu meiner eigenen Beruhigung sagte ich mir immer, dass es nur Gras sei - harmlos also. Und machte mir einfach keine weiteren Gedanken oder gar Sorgen. Ich hielt mich echt zurück, doch währenddessen rauchten meine Kumpels Gras wie Zigaretten und holten sich mit großen Mengen den einen oder anderen Kick ab.

Wenn bei ihnen die Drogen dann wirkten, war ich weg. Ich konnte das nicht mit ansehen, wirklich nicht, und ich konnte es auch nicht nachvollziehen, was bei den anderen da vor sich ging. Also haute ich ab. Ich hasste einfach diese ausdruckslosen, ewig grinsenden, leeren und ermüdenden Kiffergesichter - das war nichts für mich, ich konnte damit nicht umgehen, denn ich persönlich sah nie so komisch aus.

Das weiß ich, weil ich in den Spiegel geguckt habe - zu Hause. Alles war wie immer in meinem Gesicht. Gut, wenn ich high war, dann war ich belebt und wach und hatte Lust, etwas zu unternehmen. Doch die anderen, die drehten richtig ab!

Irgendwann kam die Polizei ins Spiel. Der eine oder andere meiner Freunde wurde verhört, weil er auffällig geworden war, und da ich ja immer dabei gewesen war, wurde mein Name der Polizei natürlich genannt. Und beim Holen von Zigaretten hatten sie mich ja auch schon mal erwischt, weil mein Kumpel die Bankkarte meiner Mutter geklaut hatte.

Zur Polizei zu müssen, war auch nicht schlecht. Irgendwie kommt man sich auch dabei sehr cool vor. Spannend wie im Fernsehen. Diese ganze Szene: Drogen, Dealer, das alles zu verheimlichen, dann die Polizei - ja, das hatte was.

Aber es nervte auch, und bald war ich auch der Buhmann für alles und jeden, alle quatschten auf mich ein: Meine Eltern wollten natürlich viel wissen, auch die Polizei. Meine Kumpels drohten mir, wenn ich sie verrate und das Maul aufmachen sollte, und die Schule machte aus mir einen richtig miesen Kerl. Wenn was war, wer war es? Immer ich! Das war längst kein Spiel mehr, und ich wusste nur eins: so geht's nicht weiter.

Zum Leben braucht man nun mal eine Beschäftigung.

Ich meine, ich will später auch mal Geld verdienen und einen guten Beruf erlernen, der mir Spaß macht - das ich schon wichtig. Zum Leben braucht man nun mal Geld und eine Beschäftigung - etwas, wo man sich richtig reinhängen kann, das braucht man doch auch. Also einen Schulabschluss, der mir dabei hilft, den möchte ich schon haben, den brauche ich.

Irgendwie spitzte sich alles zu, das wollte ich nicht. Meine Freunde hatten sich durch die Drogen total verändert. Ich kam mit ihnen nicht mehr klar.

Also beschloss ich vor zwei Monaten, mit dem Kiffen aufzuhören, denn so aufregend fand ich es nun auch nicht. Aufhören hört sich jetzt auch wieder ziemlich stark an - im Vergleich zu den anderen hatte ich ja gar nicht richtig angefangen. Ich suchte mir neue Freunde. Wenn ich mir meine alten jetzt angucke, sehe ich Zombies. Manchmal frage ich mich, wie sie sich überhaupt noch fortbewegen können?

Ich treffe mich nicht mehr mit meinen alten Freunden.

Sie gehen langsam, mit großen Schritten. Ich bin mir sicher, dass sie gar nicht merken, dass sie sich nicht mehr unter Kontrolle haben. Sie gehen wie Trottel und lachen die ganze Zeit, haben keine Stimme mehr, weil sie so viel Bong rauchen und merken einfach nicht, wie sie sich alles kaputt machen!

Aber das interessiert mich nicht mehr. Was habe ich geredet und geredet. Ich habe versucht, sie auf die richtige Seite zu lenken. Denn neuerdings soll es ja nicht nur Gras sein, sondern auch Speed und Pilze. Ja, Pilze, die im Wald wachsen, die rauchen sie! Dazu kann ich aber nichts sagen, denn ich treffe mich nicht mehr mit meinen alten Freunden. Der Einfluss der Drogen benebelt sie so stark, dass sie nicht sehen, dass ich der Junge bin, der sich vor der Welle retten konnte, die sie selber süchtig gemacht hat.