Ob ein kleines oder ein großes Strandbad gebaut wird, hängt an der Stimme eines Stadtvertreters: Herr Zibell muss entscheiden.

Norderstedt. Ob Norderstedt im Stadtpark nun ein Freibad in Form einer schmalen Strandnase mit Amphibienschutzgebiet im Rücken bekommt oder einen breiten Sandstrand bis zum Ufer, mit Beachvolleyball-Platz und ohne Amphibienschutzgebiet - das hängt in letzter Konsequenz von einem einzigen Mann in der Stadt ab: Hans-Joachim Zibell (62), abtrünniges FDP-Fraktionsmitglied, übergelaufen zur SPD. Der sitzt am Donnerstag im Kosmetikstudio seiner Frau Elisabeth und sagt: "Eine Entscheidung habe ich noch nicht getroffen. Ich muss mir erst mal alle Information besorgen und sie bewerten."

Dass die großen Entscheidungen in dieser Stadt nun recht einsam in Kosmetikstudios getroffen werden und nicht mehr im Rathaus, hängt mit der leidigen Mehrheitslotterie in der Kommunalpolitik zusammen. Nach der Kommunalwahl im letzten Jahr übernahmen die SPD, die Grünen und die Linke mit einer Stimme Mehrheit die Stadtvertretung und CDU und FDP schauten in die Röhre. Dann wechselte die SPD-Frau Naime Basarici mit viel Getöse zur CDU - und die Bürgerlichen zeigten dem "linken Block" wieder die Nase. Wechselweise kassierten die jeweiligen Mehrheitsinhaber die Beschlüsse ihrer Vorgänger. Der Fall des Naturbades für den Stadtpark ist wie kaum ein Thema exemplarisch für die Folgen des Hin und Hers.

Mit Zibells Wechselspiel wird nun ein weiteres Kapitel geschrieben. Der hatte zwar nach seinem Übertritt betont, dass er nicht dafür zu haben sei, sämtliche von ihm in der FDP mitgetragenen Beschlüsse nun als Genosse wieder zu kassieren. Doch am Donnerstag differenziert Zibell: "Bei der Schulreform und bei der Musikschule im Stadtpark ist nicht mit mir zu reden. Bei der Frage des Naturbades ist das eine andere Sache."

Und so sieht die Sache aus: Maren Plaschnick von der GALiN hat für die Stadtvertretersitzung am Dienstag, 22. September, den Antrag gestellt, das Naturbad in der kleinen Variante zu bauen. Also keine Zuschüttung des nördlichen Seeteils mit Sand, keine Baggerungen im See und im Uferbereich. Die ursprünglich verfolgte und noch im April vom Aufsichtsrat der Stadtpark GmbH beschlossene große Bad-Lösung soll nicht weiter verfolgt werden. "Mit Herrn Zibell stehen wir in gutem Kontakt und sind zuversichtlich", sagt Maren Plaschnick, die die Zuschüttung des nördlichen Sees und die Baggerarbeiten für ökologisch nicht verantwortbar hält.

"Mit dieser Ansicht steht sie allerdings ganz alleine da", sagt hingegen Stadtpark-Geschäftsführer Kai Jörg Evers. Die Naturschutzbehörden hätten für die große Lösung grünes Licht gegeben. Dem Verlust des Amphibienschutzgebietes stehe die Gefahr der Zerstörung der übrigen Uferzonen entgegen. "Wenn wir jetzt ein zu kleines Bad bauen, dann werden die Leute später wild an allen Stellen des Bades in den See steigen und dort alles zerstören", sagt Evers. Die Arbeiten für die große Badelösung seien ein schwerwiegender Eingriff in die Ökologie des Sees, gibt Evers zu. Doch die Stadtpark GmbH will Muscheln umsiedeln und für die Amphibien neuen Lebensraum am gegenüberliegenden Ufer schaffen.

Evers hat den Saugbagger für die Zuschüttung des Nordsees bereits bestellt. Etwa 180 000 Euro kostet die Stadtpark GmbH der Auftrag. Am 1. Oktober sollen die Bagger rollen. Laut Evers sei das Geld futsch, wenn sich die Politik gegen das große Naturbad entscheiden würde. "Weit schwerer wiegt allerdings der Verlust eines großen Bades für das Nachnutzungskonzept", sagt Evers. Er zählt fest darauf, das Hans-Joachim Zibell zu seinem Wort steht und sich bei der Frage Naturbades der Stimme enthält.

"Ich möchte zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich gar keine Aussage machen", sagt Zibell am Donnerstag. Er sieht sich nicht als simplen "Mehrheitsbeschaffer" für die "Linke" in der Stadtvertretung. Zibell formuliert das anders und sagt doch dasselbe: "Ich möchte lediglich die alten Mehrheitsverhältnisse wieder herstellen, die die Kommunalwahl ergeben hatte."