Jutta Hartwieg blickt auf ein Jahr als Landrätin im Kreis Segeberg zurück. Die 47-jährige Verwaltungsleiterin will in fünf Jahren wieder antreten und die Früchte ihrer Arbeit ernten.

Bad Segeberg. Erst volle Pulle, dann eine Abkühlungsphase: Im vorigen Jahr, als Jutta Hartwieg (SPD) um den Posten der Landrätin kämpfte, hatte sie sich, eine Freundin zitierend, mit einem "Durchlauferhitzer" verglichen. Seit genau einem Jahr ist die 47-Jährige in Amt und Würden - und der Kessel brodelt im Non-stop-Betrieb. Denn wirkliche Ruhephasen waren seitdem der Landrätin des Kreises Segeberg, einzige Frau an der Spitze einer Kreisverwaltung in Schleswig-Holstein, nach eigenen Worten nicht vergönnt. Sie erzählt, wie bei fast jeder Gelegenheit, von Arbeitstagen, die spät abends enden, von 100-Stunden-Wochen - und davon, dass sie, die im Hamburger Norden wohnt, "aus Zeitmangel" noch keine neue Bleibe im Kreis Segeberg gefunden habe.

Was ihr Spitzenamt als Chefin der fast 700 Mitarbeiter der Kreisverwaltung angeht, so sagt Jutta Hartwieg: "Ich habe das Gefühl, ich bin angekommen." Die vergangenen zwölf Monate seien aus ihrer Sicht "schön und anstrengend" gewesen. "Ich kann mir kein spannenderes Amt vorstellen", lautet das (Zwischen-)Fazit der Sozialdemokratin, die als studierte Diplom-Pädagogin und Informatikerin bis 2008 als Unternehmensberaterin gearbeitet hatte. An den Rückblick hängte die Verwaltungsleiterin gleich den Ausblick an: "Ich trete in fünf Jahren wieder an. Ich will die Früchte meiner Arbeit ernten."

Mit denen, die nach ihrem überraschenden und knappen Sieg gegen Thomas Stritzl (CDU) gerichtlich ihren Amtsantritt hatten verhindern wollen, habe sie ihren Frieden gemacht. "Es wäre aber besser und eleganter gewesen, wenn gleich nach dem Wahlsonntag alles klar gewesen wäre", so Jutta Hartwieg. Wertvolle Zeit sei verloren gegangen.

Jutta Hartwieg nennt sich selbst eine "unternehmerische Verwaltungschefin" - und befindet: "Als Chefin eines großen Maschinenbaubetriebs wäre es einfacher." Mehr Geld würde sie auch verdienen, wie sie zwischen den Zeilen andeutet: "Der Kreis hat das Glück, für kleines Geld eine Unternehmensberaterin zu bekommen." Als "Einsteigerin", die im Vorjahr Landrat Georg Gorrissen, der 18 Jahre lang im Amt gewesen war, beerbt hatte, wird Jutta Hartwieg nach B5 (monatliches Grundgehalt 6820 Euro netto) bezahlt: "Wer viel Geld verdienen will, geht in die freie Wirtschaft. Mich haben die Vielfalt der Aufgaben, der Seitenwechsel von der Beraterin in die Verantwortung und die Möglichkeit zu gestalten gereizt."

Die Gestaltungsspiel(t)räume des Kreises werden angesichts der "Finanz- und Wirtschaftskrise, wie wir sie noch nie erlebt haben" aber immer kleiner, wie die Landrätin zugibt. Während der jetzigen Haushaltsberatungen für 2010 zeichne sich ein Haushaltsloch von mehr als zehn Millionen Euro ab. Es gäbe zudem bei den Kreisgebäuden einen Sanierungsstau von ebenfalls bis zu zehn Millionen Euro. "Wir haben kaum Reserven." Erforderlich seien "aggressive Haushaltskonsolidierung" und "eine neue Kultur der guten Ideen". Sie selbst arbeitet sich in alle Vorgänge ein - und guckt beim Geld genau(er) hin: "Manche finden es ungewöhnlich, dass ich viele Fragen stelle..."

Auch ruft die Sozialdemokratin die Entscheidungsträger im Kreis Segeberg zur Einigkeit auf. Sie wolle einen Brückenschlag vorantreiben: "Wir haben gar keine Zeit mehr für Streit zwischen städtischen und ländlichen Bereichen." Besinnung auf eigene Stärken, so lautet ihr Slogan. "Der Lagewert des Kreises Segeberg ist so gut, der ist nicht zu klauen", sagte die Landrätin mit Blick auf die Situation "im Mittelpunkt des Nordens".