Ein fast identischer Vorfall ist 2008 im Nachbarkreis Stormarn aufgedeckt worden. Dort war ein Tier durch E 605 verendet.

Winsen. Unglaubliches Vogeldrama in Winsen. Anlässlich einer Vogelbestandsaufnahme war in der Gemeinde erfreulicherweise auch eine Rotmilanbrut festgestellt worden. Jetzt der Schock: Bei einer Nachkontrolle musste der Kartierer feststellen, dass die Brut nicht erfolgreich verlaufen ist. Überreste eines inzwischen schon weitgehend skelettierten Rotmilans lagen unter dem Horst. Die Reste des Vogels wurden geborgen und dem Greifvogelexperten Dr. Hans Wirth übergeben. Bei der Untersuchung des Vogels wurde festgestellt, dass es sich um ein Weibchen handelt. Die Überreste des Vogels wurden ohne Beine gefunden. Im Bereich des Bauches waren ein großes Knäuel Angelsehne und ein Stück eines gewebten Kunststoffsackes, in dem üblicherweise landwirtschaftliche Produkte vertrieben werden, mit Gefiederresten intensiv verklebt. Fremdmaterialien wie Fell, Stoff, Papier und auch Kunststoff werden von Rotmilanen beim Horstbau verwandt. Am Skelett waren keine Verletzungen feststellbar.

Greifvogelexperten Dr. Hans Wirth geht davon aus, dass das Weibchen auf dem Horst verendet ist. Bei dessen anschließender Verwesung kam es zu einer Verklebung von Angelsehne und Kunststoff mit dem Gefieder. Irgendwann sind die Überreste des Vogels dann - ohne Beine - aus dem Horst geweht worden.

Wirth: "Ein natürlicher Tod - und dann noch auf dem Horst - kann ausgeschlossen werden. Der Rotmilan muss ganz eindeutig einer Vergiftung zum Opfer gefallen sein."

Ein fast identischer Vorfall ist 2008 im Kreis Stormarn aufgedeckt worden. Dort war auch ein tot auf dem Horst liegendes Rotmilan-Weibchen entdeckt worden. Das auf zwei toten Jungen liegende Weibchen wurde geborgen und toxikologisch untersucht. Der Vogel war mit E 605 (Parathion) vergiftet worden. Später wurden noch das tote Männchen sowie drei tote Füchse gefunden.

Keine heimische Greifvogelart ist für Vergiftungen anfälliger als der Rotmilan, weil der Vogel sich auch von Aas ernährt und dadurch auch ausgelegte Giftköder aufnimmt oder durch sogenannte Sekundärvergiftungen zu Tode kommt. Zu Sekundärvergiftungen kann es übrigens auch bei Haustieren, besonders bei Hauskatzen kommen. Deshalb dürfen für die Vergiftung von Nagetieren nur die dafür zugelassenen Präparate verwendet werden. Dieses ist möglicherweise nicht der erste Fall von illegalem Gifteinsatz im Bereich von Winsen. Bereits Mitte der 80er-Jahre hatte ein Waldbesitzer einen toten Rotmilan gefunden. Sein Verdacht war ebenfalls, dass der Vogel vergiftet worden sei. Eine Untersuchung konnte keine Klarheit schaffen.