Schon wieder wechselt die Mehrheit in der Norderstedter Stadtvertretung. Hans-Joachim Zibell (62) hat die FDP verlassen und sich der SPD angeschlossen.

Norderstedt. Damit haben Sozialdemokraten (jetzt 15 Sitze), Grüne Alternative Liste in Norderstedt (6 Sitze) und Die Linke (4) wieder eine Stimme mehr als CDU (20) und FDP (4). Die waren erst vor drei Monaten zur Ein-Stimmen-Mehrheit gekommen, nachdem Naime Basarici (36) von der SPD- zur CDU-Fraktion gewechselt hatte (die Norderstedter Zeitung berichtete).

Wie Basarici nimmt auch Zibell sein Mandat mit und verstärkt die SPD-Fraktion. "Ich möchte mich weiter für meine politischen Ziele einsetzen", sagt der Rebell. Die sieht er vor allem in der sozialen Arbeit, die in der FDP nicht ausreichend repräsentiert sei. "Wir wollen zwar die Stimmen von Hausfrauen, Rentnern und Hartz-IV-Empfängern, aber tun wollen wir nichts für sie", sagt der Pensionär, der sich für diese Gruppen jetzt bei den Sozialdemokraten engagieren will.

Weiter kritisiert der Ex-Liberale, der seit der letzten Kommunalwahl in der Stadtvertretung sitzt, mangelnde Kommunikation im Parteivorstand. Zibell wirft der langjährigen Nordertedter FDP-Vorsitzenden Marlis Krogmann vor, Entscheidungen im Alleingang zu treffen. "Zweifellos hat sie gute Arbeit geleistet. Aber man spricht einfach nicht genug miteinander. Darauf habe ich immer wieder hingewiesen und deswegen vor einem guten halben Jahr auch mein Amt als stellvertretender Ortsvorsitzender niedergelegt", sagt der Stadtvertreter. Die Parteiaustritte der letzten Zeit sieht er als Konsequenz der "Alleinherrschaft" und des unzureichenden Austausches.

Für die SPD habe er sich entschieden, weil er schon in den 70er-Jahren für die Partei geschwärmt habe, ohne Mitglied zu werden. "Die anderen Parteien haben mit mir gesprochen, Lockangebote gab es aber nicht", sagt der Politiker. Außerdem könne er hier seine soziale Arbeit gut fortsetzen.

"Ich bin natürlich traurig über jedes Mitglied, das wir verlieren, und noch trauriger, dass er das Mandat mitgenommen hat", sagt FDP-Chefin Marlis Krogmann. Die Chemie zwischen ihr und Zibell habe nicht gestimmt. Den Vorwurf, im Alleingang zu entschieden, weist sie zurück: "Jeder hatte und hat jederzeit die Möglichkeit, Themen anzusprechen und Kritik zu äußern. Nur wenn keiner den Mund aufmacht, kann man auch nichts diskutieren. Gerade als meinem Stellvertreter standen Herrn Zibell alle Türen offen", sagt die FDP-Chefin, die durchaus Kritik annehme.

Unsozial sei nicht die FDP, sondern das Verhalten von Zibell, der den Landtagskandidaten Tobias Claßen in der heißen Phase des Wahlkampfes im Stich lasse. "Wir sind gegen Wohltaten für Hartz-IV-Empfängern, sondern dafür, Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitslose wieder in Lohn und Brot zu bringen", sagt die FDP-Chefin. Sie hofft, dass die Beschlüsse zu wichtigen Projekten wie dem Bau der gläsernen Musikschule am Kulturwerk und zur Schulpolitik Bestand haben und nicht wieder von der "linken Mehrheit" kassiert werden.

"Dazu kann ich jetzt nur so viel sagen, dass wir verantwortungsbewusst mit der neuen Mehrheit umgehen werden", sagt SPD-Sprecher Jürgen lange. Die SPD freue sich natürlich über das neue Mitglied und die wieder gewonnene Mehrheit.