Die Ärzte konnten das Leben des vierjährigen Jungen in einer 14-stündigen Notoperation retten. Das Unglück ereignete sich in einem Norderstedter Privattiergarten. Das Kind war in einen Raubtier-Käfig geklettert, den die Ordnungsbehörde des Kreises Segeberg als sicher eingestuft hatte.

NZ-Redakteur Herbert Lau schreibt am 1. März 1982 folgenden Bericht:

Ein furchtbares Unglück überschattet das Leben im Norderstedter Privattiergarten von Hubert Knöpke: Als der viereinhalbjährige Oliver Hartmann aus Ellerau in einem unbemerkten Augenblick seinen Kopf durch die Stahlgitter des Löwenkäfigs zwängte, sprang der zweijährige Löwe "Zimba" das kleine Kind an und riss ihm mit einem gewaltigen Biss den gesamten Unterkiefer ab.

In einer 14-stündigen Operation in der Kieferklinik des Allgemeinen Krankenhauses Ochsenzoll konnten die Ärzte das bedrohte Leben des Kindes vorerst retten. Der fassungslose Zoobesitzer Knöpke sagte zur Polizei: "Die Löwen werden erschossen!"

Das Ehepaar Elsabe und Cord Kohsiek aus Ellerau war am Sonnabend Nachmittag mit ihrem eignen Jungen und dem kleinen Oliver, der von der Familie adoptiert werden sollte, durch den Norderstedter Zoo spazieren gegangen. Gegen 17 Uhr hatte sich Oliver von der Gruppe entfernt, war, ohne dass es jemand bemerkte, unter einem Stacheldraht hindurchgeklettert und hatte dann seinen Kopf durch die 12x12 Zentimeter große Öffnung der Baustahlmatten gezwängt, mit der der Käfig abgesichert war.

"Zimba", eines der beiden Raubtiere, sprang sofort auf den Jungen zu und fügte ihm die schweren, lebensgefährlichen Verletzungen bei. Ohne auf das Eintreffen des Notarztes zu warten, nahm Cord Kohsiek den blutenden Jungen an sich, sprang mit dem Kind auf dem Arm in den alarmierten Rettungswagen und brachte es so ins Heidberg-Krankenhaus. Von dort wurde das Kind später in die Spezialklinik für Kieferchirurgie ins AK Ochsenzoll verlegt.

Zooleiter Hubert Knöpke, der den Tierpark von kleinsten Anfängen (zuerst im Privatgarten an der Marommer Straße in Norderstedt) entwickelte und vergrößerte, ist erschüttert. "Die Löwen sollten schon lange abgeschafft werden", erklärte er gegenüber der Polizei. Aber das Kreisveterinäramt soll angeblich noch keine Entscheidung über die Beseitigung der beiden Raubtiere getroffen haben. Die Polizeibeamten, die kurz nach dem furchtbaren Geschehen am Unglücksort eintrafen: "Ein Vorwurf ist in erster Linie dem Kreis Segeberg zu machen. Der hat vor fünf Jahren den Löwenkäfig mit der Sicherung dieser Baustahlmatten genehmigt."

Das Raubtiergatter ist nach allen Richtungen mit stabilen Stahlmatten eingezäunt. Der einzige Unsicherheitsfaktor sind die 12x12 Zentimeter großen Durchlässe des quadratischen Gitters. Hier hatte nun Zooleiter Hubert Knöpke nach zwei Seiten hin bereits mit engmaschigem Draht weitere Sicherungen angebracht - nicht aber zu der Seite, von der her der kleine Oliver an den Käfig herankam.

Der Norderstedter Zoo, zwischen dem Kringelkrugweg und der Schleswig-Holstein-Straße gelegen, war in den letzten Jahren immer wieder ins Gerede gekommen. Die Existenz war bedroht. Durch Bürgerinitiativen, Privatspenden und Zuschüsse durch die Stadt Norderstedt konnte der Zoobetrieb vorerst gerettet werden. Ob nach diesem Unglück strengere Maßstäbe für die Tierhaltung und den Betrieb angelegt werden, liegt in der Entscheidung der Kreisordnungsbehörde Segeberg.