Im Wildpark Eekholt wurde ein vergifteter Seeadler gesund gepflegt. Zwei Wochen päppelte Tierärztin Elvira von Schenck den jungen Adler mit Taubenbrust und Fischen auf.

Eekholt. Die Menschengruppe auf der leichten Anhöhe in der Nähe von Plön blickt gebannt auf einen grauen Plastikkasten, der auf der Wiese steht. Langsam zieht Wolf-Gunthram von Schenck, Geschäftsführer des Wildparks Eekholt, das Gitter hoch, hebt den Kasten leicht schräg an, und ein grauer Federklumpen rutscht heraus. Dass es sich um einen Adler handelt, ist kaum zu erkennen. Erst als das Tier die Flügel spreizt, sich erhebt und sofort aufsteigt, ist der junge Seeadler in einer ganzen Schönheit zu bewundern. Der große Vogel schwebt in Richtung See, zieht eine kurze Runde und entschwindet dann hinter einer Baumreihe, die etwa 150 Meter entfernt steht.

Auf diesen Augenblick haben die Mitarbeiter des Wildparks und die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Projektgruppe Seeadlerschutz sehnsüchtig gewartet. Denn vor drei Wochen sah es noch so aus, als wenn sich dieser junge Adler mit seiner Flügelspannweite von gut zwei Metern nie wieder würde in die Lüfte heben können. Die Beobachter auf dem freien Feld bei Plön - der genaue Standort soll aus Schutzgründen geheim bleiben - jubeln nicht. Sie blicken dem entschwebenden Adler hinterher und können es selbst kaum glauben, wie munter der große Vogel sein normales Leben wieder aufnimmt.

Den Fachkenntnissen der freiberuflichen Tierärztin Dr. Elvira von Schenck, Ehefrau des Eekholt-Geschäftsführers, ist es zu verdanken, dass der Seeadler wieder bei Kräften ist. Die Medizinerin arbeitet eng mit der Projektgruppe Seeadler zusammen und hat schon so manchem Tier wieder zu einem Leben in Freiheit verholfen.

Rückblick: Am 22. Juli wird der stark geschwächte Adler in die Pflegestation des Wildparks Eekholt gebracht. Eine größere Ansammlung von Fliegeneiern in seinem Gefieder lässt darauf schließen, dass der knapp drei Jahre alte Vogel, in der Nähe von Kalübbe (Kreis Plön) längere Zeit wie tot am Boden gelegen hat - vermutlich vergiftet durch ein Pflanzenschutzmittel, das offenbar ein Beutetier gefressen hatte. Davon geht jedenfalls Professor Rainer Kollmann aus. Er ist Vorsitzender der Projektgruppe Seeadlerschutz in Schleswig-Holstein und Beobachter der Auswilderungsaktion bei Plön.

Elvira von Schenck stabilisiert den völlig apathischen Adler zunächst mit einer Infusionslösung, bevor er in die Klinik für Haustiere der Freien Universität Berlin gebracht wird, wo ihn die Seeadlerexpertin Dr. Kerstin Müller untersucht. Sie behandelt ihn mit einer aggressiven Infusionstherapie erfolgreich weiter, so dass er am 31. Juli wieder in den Wildpark gebracht werden kann, wo Elvira von Schenck dem Adler ein ordentliches "Konditionstraining" verpasst.

"Er musste wieder etwas auf die Brust bekommen", sagt die Expertin. Das heißt: Der Vogel muss wieder Muskeln ansetzen, um in freier Wildbahn fliegen zu können. Außerdem verabreicht sie ihrem Schützling eine Kraftnahrung mit Fisch und Taubenbrust - das Gewicht des noch nicht geschlechtsreifen Adlers steigt wieder auf 5,5 Kilogramm. Am Mittwoch entscheidet die Wildparkleitung in Absprache mit der Projektgruppe, den Adler am Donnerstagmorgen auszuwildern.

Gegen 9 Uhr fangen Elvira und Wolf-Gunthram von Schenck mit Hilfe eines Besens in der Voliere, die etwas außerhalb des Wildparks liegt und deshalb für Besucher nicht zugänglich ist, den Adler, werfen eine Decke über den mächtigen Vogel, untersuchen ihn kurz, packen ihn in dem Käfig und transportieren ihn in das kleine Dorf in der Nähe von Plön. Dort warten bereits die Mitglieder der Projektgruppe, der Förster und der Gutsbesitzer auf die wertvolle Fracht aus dem Wildpark.

So wie der Seeadler sofort davon schwebt, scheint er fähig zu sein, in Freiheit zu überleben. Rainer Kollmann, der sein Leben den Seeadlern gewidmet hat, geht davon aus, dass sich das Tier ein Revier sucht oder vielleicht auch in Richtung Mecklenburg-Vorpommern abwandert. Eines Tages wird man feststellen können, was aus diesem Seeadler geworden ist: Er ist bereits am 31. Mai 2005 beringt worden.