Chantal Lengemann von der Security-Firma Pütz hält mit ihrem Team seit Monaten die “Unbefugten“ von der Gartenschau-Baustelle fern.

Norderstedt. Die Sonne brennt über dem Potenbergwerk. Es sind 30 Grad. Da ist der riesige Stadtparksee. Kühles Wasser. Aber keiner darf rein. Das wäre Hausfriedensbruch.

Chantal Lengemann (30) prüft die Absperrgitter mit den massiven Sicherheitsschellen. Sie ist Objektleiterin von Pütz Security für das Gelände der künftigen Landesgartenschau 2011. Sie hat die Verantwortung für den ganzen See und den Park drum herum. Mit einem vier Mann starken Team hält sie seit Monaten die "Unbefugten" von der Baustelle Landesgartenschau fern. Im Auftrag der Stadtpark GmbH, dem Hausherr des Geländes.

Baden, grillen, abhängen, spazieren und Gassi gehen. Alles verboten hinter den Gittern.

Chantal Lengemann und ihre Leute müssen das den Norderstedtern beibringen. Auf die sanfte oder die harte Tour. "Am Anfang waren die Leute nicht sehr einsichtig. Aber mittlerweile ist da viel Verständnis", sagt Lengemann. Meistens reicht es aus, den "Unbefugten" höflich den Weg aus dem Parkgelände zu weisen. Bei den Hartnäckigen, die auch nach dem dritten Verweis nichts kapiert haben, werden angezeigt. "Wir halten die Leute fest, bis die Polizei gekommen ist und die Personalien aufgenommen hat. Und dann gibt's das Knöllchen", sagt Lengemann.

An sonnigen Nachmittagen wie diesem, wenn nichts Besonderes los ist, sitzt Chantal Lengemann mit einem Walkie-Talkie in einem Camping-Stuhl vor dem kleinen Wohncontainer der Security-Firma Pütz, gleich neben dem Potenbergwerk. Chantal Lengemann kann Sonne gut ab. Sie braucht keinen Sonnenschirm. Stattdessen liest sie Harry Potter. Alle sieben Bände hat sie schon einmal durchgelesen. Jetzt fängt sie gerade wieder mit dem ersten an. "Liest sich so weg", sagt die 30-Jährige. Wer jetzt denkt, die Sicherheitsfrau würde hier nur sonnenbaden, täuscht sich. Rund um die Uhr haben Chantal und ihre Jungs das Gelände im Griff. Sie fahren auf einem kleinen gelben Quad unregelmäßige Patrouillen über das ausschweifende Gelände, immer am Zaun entlang. "Die Zeiten sind nicht fest. Sonst wären wir zu leicht berechenbar", sagt die Objektleiterin. Tagsüber sind aber auch die vielen Bauarbeiter auf dem Gelände. Und die passen mit auf.

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass den eigentlich unfehlbaren Argusaugen von Chantal Lengemann ein Eindringling entgehen sollte, gibt es die zweiköpfige Spezialeinsatztruppe, bestehend aus den kampferprobten Hündchen Mini und Fräulein Flauschig. Die beiden Bodensurrer sehen alles andere als gefährlich aus und wollen eigentlich nur von jedem gestreichelt werden. "Aber bei einer Runde durch den Park schlugen die beiden Süßen kürzlich mal an: Tatsächlich saßen zwei Jugendliche in den Büschen, die ich übersehen hatte."

Die "Kundschaft", wie Lengemann die Baustellenbesucher nennt, sei im Übrigen nicht immer jugendlich leichtsinnig. "Da ist alles von elf bis 60 dabei", sagt sie. Im Winter erwischte sie auf dem kleinen See ein Seniorenehepaar, das den Zaun überwunden hatte, um ein wenig Schlittschuh zu laufen. Das Eis war einbruchgefährdet, und Chantal Lengemann konnte die beiden gerade noch von der Fläche holen.

Früher waren es gerade die älteren "Kunden", die ihr Gewohnheitsrecht über alles stellten und am Zaun randalierten. Ich bin hier immer schon spazieren gegangen, ich habe hier meinen Hund schon immer ausgeführt, mein Bruder ist Anwalt, dies ist ein freies Land für freie Bürger, ist ja wie bei Adolf hier - Argumente, die Chantal Lengemann satt hat. "Da lasse ich dann auch gerne mal die Männer aus unserem Team vor, die dann etwas deutlicher werden", sagt sie.

Nicht, dass die Frau es nicht mit solchen Typen aufnehmen könnte. Sie war lange Jahre Polizeibeamtin in Hamburg, hat sich als Test-Kundin und -Diebin jahrelang in Rewe-Märkten von empörten, weil aufgeflogenen Kassiererinnen anpöbeln lassen müssen und hat schließlich noch eine ganze Zeit lang als Bereiterin Pferde sattelfertig zugeritten.

"Manchmal muss man sich in diesen Jobs unbeliebt machen. Ich aber möchte gemocht werden", sagt Chantal Lengemann. Auf dem Landesgartenschau-Gelände setzt sie deswegen auf das freundliche Vermitteln von Fakten und sie spielt die Trumpf-Karte weiblicher Charme. Und das zieht.

Bei manchen Idioten ist allerdings sämtliche Einflussnahme sinnlos. "Es gibt immer wieder Halbstarke, die hier aus dem Rahmen fallen", sagt Lengemann. Weil das Saufgelage am See nicht mehr möglich ist, wird übel geschimpft. Oder die Zäune werden mit brachialer Gewalt aufgebrochen. Danach werden am See einfach ein paar Pflanzen ausgerissen. "Meistens merken sie dann irgendwann, dass es am See sonst nichts zu machen gibt und dann verschwinden sie wieder. Total sinnlos." Viele dieser Randalierer kommen ungeschoren davon. Aber manchmal hilft Kommissar Zufall. Ein paar Jugendliche hatten den Zaun einmal aufgebrochen, um bereits eingegrabene Teile von Baumstämmen aus der Erde zu buddeln und auf dem nahen Müllberg für ein Lagerfeuer zu verwenden. "Ich sah die Typen zufällig mit den Baumstämmen davon laufen", sagt Lengemann. Erwischen konnte sie sie nicht mehr. Aber sie rief die Polizei. Als die Beamten ankamen, kehrten die Jungs gerade wieder zurück, um die nächste Ration an Baumstämmen zu holen. Ihre Dreistigkeit und Blödheit wurde bestraft.

Es gibt aber auch Momente im Leben einer Security-Frau, die ihr das Herz bluten lassen. "Hier saßen mal ein sieben- und ein zehnjähriger Junge auf ihrer Decke im Gras. Die Jungs wollten baden gehen", sagt Lengemann. Sie wegzuschicken, sei echt schwer. "Ich bin doch selber Mutter, da hat man doch Verständnis für die Wünsche der Kinder", sagt Lengemann. Manchmal kämen Kinder, die ihr erzählten, dass sie zu Hause nicht spielen können. Weil die Eltern sie weggeschickt haben. Chantal Lengemann findet es echt schlimm, wenn Eltern ihren Kindern im Urlaub nichts Besseres zu bieten haben, als sie einfach auf die Straße zu schicken. Aber ändern kann sie daran nichts. Sie ist nur die Security-Frau. Und die Gartenschau ist kein Spielplatz.