Parteichef Rüdiger Schulz führt autoritär, kritisieren Karl-Maria Kwoll und seine Anhänger. Sie sorgten dafür, dass Schulz nicht wiedergewählt wurde. Schulz dementiert - und trat zurück.

Ellerau. Die CDU in Ellerau kommt nicht auf die Beine. Kaum hatte sie sich nach dem Austritt führender Christdemokraten im Herbst 2006 erholt, liegt sie wieder am Boden. Ein tiefer Riss geht durch den Ortsverband. Die Gruppe um Rüdiger Schulz (68), bis vor kurzem Parteichef, und die Gruppe um Karl-Maria Kwoll (66) sind hoffnungslos zerstritten.

Der Kampf führte dazu, dass Schulz als Ortsvorsitzender nicht wiedergewählt wurde. Organisiert hatte den Widerstand ein alter Polit-Hase: Rainer Ute Harms, Bürgermeister von Bilsen und langjähriger Landtagsabgeordneter, hatte sich auf Bitte von Kwoll eingeschaltet und die Mitglieder offen dazu aufgerufen, Schulz nicht wieder zu wählen. So bekam der Amtsinhaber nur neun Stimmen, 21 Mitglieder versagten ihm die Zustimmung. Am nächsten Tag traten Schulz und danach der komplette Vorstand zurück. Einen neuen gibt es nicht, der Kreisverband führt die Geschäfte kommissarisch.

"Das ist das Schlimmste, was der Ellerauer CDU passieren konnte", sagte Schulz. Schließlich stünden Wahlkämpfe an, auch in Ellerau wolle die CDU für ihre Bundestags- und Landtagskandidaten werben - und sich zur nächsten Kommunalwahl gestärkt präsentieren.

Kwoll und Harms werfen Schulz mangelnde Integrations- und Kooperationsfähigkeit vor. "Er kann nicht führen. Einen Ortsverband zu führen bedeutet, alle Mitglieder mitzunehmen, den Professor genauso wie den Arbeitslosen", sagt Harms. Doch Schulz polarisiere, er pflege einen autoritären Führungsstil. Kwoll ergänzt: "Schulz ist ein Ich-Mensch, er hat uns so gut wie nie einbezogen, obwohl wir dem Vorstand ebenfalls angehörten." Kwoll war Beisitzer und dritter Vorsitzender. Doch Schulz habe ihn ausgeschaltet, als Rebellen bezeichnet, und er sei auch nicht für die Kommunalwahl 2008 nominiert worden. "Natürlich hat Schulz auch seine Stärken, kann gut argumentieren, sich und die Partei darstellen", sagt Harms.

Der Ex-Ortschef weist die Vorwürfe zurück. "Ich kann eigentlich gut führen. Und wir haben im Vorstand durchaus alles gemeinsam entschieden und besprochen", sagt der ehemalige Marketingberater, der der Gegenseite vorhält, nur destruktiv gewesen zu sein und keinen eigenen Kandidaten präsentiert zu haben. "Wenn ein anderer für den Vorsitz kandidiert hätte, hätte ich sofort verzichtet", sagt er. Er habe sich ohnehin immer als Übergangskandidat gesehen und das Amt an einen Jüngeren übergeben wollen.

Immerhin hatte sich der Parteichef dem Wunsch von Kwoll und Harms gefügt und sich mehrfach zu Gesprächen im Haus von Harms eingefunden. "Wir wollten gemeinsam geeignete Bewerber für den Vorstand auswählen", sagte Harms. Er habe den Eindruck gehabt, dass Schulz das positiv sehe und mittrage. "Daher bin ich aus allen Wolken gefallen, als ich erfuhr, dass Schulz eigenmächtig die Mitgliederversammlung einberufen hat", sagt der Polit-Routinier. Da sei ihm nur der Aufruf zum Widerstand geblieben, den auch Schulz bekommen habe. "Der Termin stand schon vorher fest", sagt der Ex-Parteichef, die Gespräche seien ergebnislos verlaufen.

Er hätte allerdings vom Kreisvorsitzenden und CDU-Bundestagsabgeordneten Gero Storjohann erwartet, dass er als Versammlungsleiter den Mitgliedern deutlicher gesagt hätte, was eine Wahlniederlage bedeutet. "Wir haben im Vorfeld viele Gespräche geführt, aber keine geeigneten Kandidaten für die Vorstandsarbeit gefunden. Die, die das könnten, haben aus persönlichen oder beruflichen Gründen abgelehnt", sagt Storjohann. Der Streit in der Ellerauer CDU sei zwar ärgerlich und bedauerlich, doch für Storjohann gehört das zum Tagesgeschäft. "Zwar finden jetzt keine Feste oder andere gesellige Veranstaltungen statt, der Wahlkampf ist aber organisiert", sagt der Politiker.

Schulz war schon 1989 wegen innerparteilicher Querelen als CDU-Ortschef zurückgetreten. Nachdem im Herbst 2006 neun CDU-Gemeinderäte einschließlich des damaligen Bürgermeisters Bernd Exler und weitere 20 Mitglieder aus der Partei austraten, weil sie sich vom Land im Kampf um eine eigenständige Verwaltung im Ort im Stich gelassen fühlten, kam Schulz zurück. Die CDU holte bei der Kommunalwahl zwei (von 24) Sitze im Gemeinderat, die Schulz und seine ehemalige Stellvertreterin Marion Mattheus innehaben und auch behalten wollen.

Am 7. Oktober wollen die Ellerauer Christdemokraten den nächsten Versuch starten, sich wieder einen Vorstand zu wählen. Schulz steht dafür nicht mehr zur Verfügung. "Das ist gut so, ist das doch die Voraussetzung dafür, dass nun andere ihren Hut in den Ring werfen", sagt Kwoll, der sich nichts sehnlicher wünscht als Frieden in der Partei. "Und den kann es nur geben, wenn alle an einem Strang ziehen. Und ich hoffe, dass Schulz mitzieht."