Die Kalkulation für Norderstedts Verwaltungssitz schockt 1980 die Stadtvertreter. Statt 30 soll der Bau 44 Millionen Mark kosten. Die Kommunalpolitiker sprechen schon vom “Monster Rathaus“.

NZ-Redakteur Günther Hormann berichtet am 1. Februar 1980 aus dem Rathaus:

Das neue Norderstedter Rathaus steht bereits auf wackligen Beinen, obwohl es erst als Modell existiert. Das größte Problem: Das Grundstück, auf dem schon in einigen Monaten mit dem Bau des Rathauses begonnen werden soll, gehört gar nicht der Stadt. Bei der Abwicklung des Kaufvertrages für das Gelände sind gewaltige Schwierigkeiten aufgetreten, von denen die Stadtvertreter erst vor wenigen Tagen erfuhren und schockiert wurden. Einen weiteren Schock bekamen die Kommunalpolitiker, als ihnen die Kostenrechnung aufgemacht wurde: Schon vor dem Baubeginn zeichnet sich eine enorme Kostenexplosion ab. War man zunächst von rund 30 Millionen Mark Baukosten für das Rathaus ausgegangen, so kletterten die veranschlagten Kosten schon bald auf 35,6 Millionen Mark. Nach der neuesten Kostenberechnung der Architekten soll das Rathaus nun 44,1 Millionen Mark kosten, doch mehrere Stadtvertreter zweifeln an, dass damit die Auswucherung der Kosten ein Ende haben wird.

Die jetzt genannten Kosten beruhen ohnehin nur auf Schätzungen. Stadtbaurat Jürgen Meßfeldt: "Es wäre schön, wenn man heute die genauen Kosten auf den Tisch legen könnte." Ironie steckte in der Kritik des FDP-Stadtvertreters Günther Schwarz: "Bei der Schlüsselübergabe wissen wir dann wohl, wie viel das Rathaus gekostet hat."

In ihren Befürchtungen, dass die Rathauspläne der Stadt über den Kopf wachsen könnten, stimmten Schwarz und CDU-Fraktionssprecher Hans-Joachim Zimmermann überein. Zimmermann: "Die Kirche muß im Dorf bleiben." Schwarz malte das Schreckensbild von einem "Monstrum von Rathaus" an die Wand. "Sicherlich brauchen wir ein neues Rathaus", so Günther Schwarz, "aber es stellt sich die Frage, ob es unbedingt so groß gebaut werden muss." Bis aber überhaupt der erste Spatenstich getan werden kann, muss zunächst das Grundstücksproblem bereinigt werden. Die Stadt hatte mit der Hausbau Rheinland-Pfalz, einer Tochtergesellschaft der Landesbank Rheinland-Pfalz, bereits einen Kaufvertrag für das Gelände geschlossen. Vereinbarter Quadratmeterpreis: 62 Mark. Dieser Preis war durch Gutachter ermittelt worden. Nun will die Hausbau Rheinland-Pfalz einen höheren Preis fordern. CDU-Sprecher Zimmermann nannte es eine betrüblichen Vorgang, dass die Stadtverwaltung der Stadtvertretung nicht mitgeteilt hat, dass die Stadt nicht Eigentümer geworden ist. Günther Schwarz: "Jeder, der sich ein Haus baut, kauft sich doch erst ein Grundstück, bevor er einen Architekten beauftragt und Geld für die Planung ausgibt." Voreilig war auch die Kämmerei der Stadt, die für das Rathaus bereits 16 Millionen Mark im Haushaltsplan 1980 veranschlagt und für 1981 fast 24 Millionen Mark vorgesehen hatte, obwohl weder die Planung abgeschlossen noch die Finanzierung gesichert ist - eine unerlaubte Methode nach den Gesetzen. Wegen der Ungereimtheiten wurden die Beträge aus dem Entwurf gestrichen.

Als das Rathaus im August 1984 eingeweiht wurde, waren 58 Millionen Mark verbaut worden - wobei 15 Millionen Mark für die "TriBühne" entfielen.