Der Autobahnbau setzt dem 62-jährigen Segeberger massiv zu. Er soll sein Land dafür hergeben, doch er sieht es nicht gerecht bewertet. Die Zeit arbeitet gegen ihn.

Bad Segeberg. Er ist so etwas wie der letzte Mohikaner: Wiard Klose (62) hat ein 15 000 Quadratmeter großes Grundstück an der Grenze Bad Segebergs zu Klein Gladebrügge. Vier Gebäude stehen drauf. Allein das Wohnhaus hat mehr als 200 Quadratmeter. Das Land will alles abreißen, denn genau über Kloses Grundstück soll eine riesige Autobahnbrücke gebaut werden. Im Jahr 2010, so Jens Sommerburg, der Leiter des Landesbetriebs Straßenbau in Lübeck, könnte Baubeginn sein.

Die A 20 kommt Tag für Tag näher auf Wiard und Dorothea Klose zu. Sie werden ihr weichen müssen, so wie einige andere Hauseigentümer, deren Immobilien der Autobahn im Wege sind. Aber Klose weicht nicht. Er kämpft. Als Letzter. Doch der 62-Jährige ist müde. Nein, er ist mürbe - kurz vorm Resignieren. Klose hat nichts gegen die A 20: "Ich fahr gern Autobahn, aber ich will sie nicht bezahlen." Der Mann fühlt sich von Anfang an schlecht behandelt. Vom Land im Hinblick auf die Entschädigung für seinen Grundbesitz. Und von der Stadt. Die habe ihm vor 16 Jahren, als er erfuhr, dass über sein Land die A 20 verlaufen werde, zugesagt, er könne ein Grundstück im Gewerbegebiet Rosenstraße kaufen. "Heute erinnert sich keiner mehr daran." Kloses Problem ist nicht nur, dass ihm aus seiner Sicht zu wenig für seine Immobilie geboten werde, sondern auch, dass er nicht weiß, wohin er umziehen kann. Er betreibt eine Versicherungsagentur und eine Kaninchenzucht. Und beides unter einen Hut zu bekommen, ist offenbar schwer. Bis 1990 gehörte sein Grundstück noch zu einem Mischgebiet - der Quadratmeterpreis liege dafür heutzutage bei 90 Euro. Seit 1993 ist das Gebiet allerdings ein Gewerbegebiet mit der Konsequenz, dass die Quadratmeterpreise nur noch bei etwa 38 Euro lägen. Klose klagt: "Mein Grundstück ist entwertet worden." Er möchte gern ins Gewerbegebiet Rosenstraße umsiedeln. Das ist quasi auf der anderen Straßenseite seines Anwesens. Doch da lasse ihn die Stadt nicht hin, "weil ich kein produzierendes Gewerbe habe", sagt der 62-Jährige. Er würde auch auf städtisches Gelände am Holunderweg ziehen, doch auch dort wolle ihn die Stadt nicht. Woanders gebe es keine in Frage kommenden Grundstücke mit etwa 1500 Quadratmetern, die bezahlbar wären. Von der Stadt erhalte er keine Hilfe, "die lässt mich vollkommen hängen". Seine Fühler hat er auch gen Klein Rönnau ausgestreckt. 109 Euro koste dort der Quadratmeter Bauland. Das könne er nur bezahlen, wenn er vom Land mehr für sein Anwesen bekäme. Am 18. Dezember 2003 sei sein Grundstück geschätzt worden. Viel zu niedrig, wie er sagt. Man habe ihm auch klargemacht, was geschehe, wenn er nicht einwillige. "Dann werde ich enteignet", sagt Klose. Vor zwei Jahren wurde das Angebot leicht nachgebessert. Für sein Grünland habe ihm das Land ein Kaufangebot von 1,67 Euro je Quadratmeter gemacht - "abzüglich 12,5 Prozent Marktanpassungsfaktor". Das ist, erklärt Klose, ein Preisabschlag, weil derzeit die Immobilienpreise niedrig seien. Man fragt sich, ob es bei guter Immobiliennachfrage auch einen Wertzuschlag gegeben hätte . . . Zwischen dem Angebot des Landes und seiner Forderung liegen rund 150 000 Euro. Viel Geld! 2006 hat Klose einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Der kann die Enteignung zwar hinauszögern, "aber wohl nicht verhindern". Es sei denn, das Land komme ihm entgegen. Er will sich vom Verkaufserlös nur ein großes Haus mit Stall und Doppelgarage leisten können - mehr nicht. Und zwar, ohne sich verschulden zu müssen - "in meinem Alter leiht mir sowieso keine Bank Geld". Wenn das Land wenigstens den preisdrückenden "Marktanpassungsfaktor" wegließe - "dann würde ich unterschreiben". Klose fühlt sich allein. Die anderen, deren Häuser der Autobahn im Wege stehen, haben sich schon mit dem Land geeinigt. Der Geflügelzüchter, der Computerfachmann, der Autohändler - alle weg. Nur Kloses kämpfen noch. Sie sind die Letzten. "Ich bin fix und foxi", stöhnt er. "Machen Sie mal 16 Jahre diesen Scheiß mit - dann sind Sie fertig!"