Neue Regierungskoalition in Kiel stoppt den Weiterbau der A 20 bis zur Elbe. Die Finanzierung sei ungeklärt. Das Echo im Kreis Segeberg ist geteilt.

Kreis Segeberg. Die Kommunen vor Ort sind verärgert, die Landrätin äußert Verständnis. Die Entscheidung der neuen Landesregierung, die Autobahn 20 bei Bad Bramstedt enden zu lassen, hat im Kreis Segeberg für ein geteiltes Echo gesorgt. Die neue Verbindung soll zunächst nicht - wie ursprünglich geplant - quer durch den Norden des Kreisgebiets hinweg bis zum neuen Elbtunnel bei Glückstadt verlaufen, sondern nur bis zur A 7. Die Landesregierung begründet ihre Entscheidung mit der ungeklärten Finanzierung. Allein der Tunnel soll 1,2 Milliarden Euro kosten.

"Ich habe Verständnis für die Entscheidung", sagt Landrätin Jutta Hartwieg (SPD). Grundsätzlich halte sie den Weiterbau der A 20 bis zur Elbe und nach Niedersachsen für sinnvoll. "Das ist eine sinnvolle und interessante Verbindung", sagt sie. Doch die Koalition habe sich angesichts der fehlenden Finanzmittel beim Bund eine erforderliche Denkpause verordnet.

"Wir vertreten die Position, dass diese Entscheidung ein Fehler ist", sagt dagegen der stellvertretende Bürgermeister von Bad Bramstedt, Burkhard Müller (CDU). Bad Bramstedt habe die A 20 stets grundsätzlich befürwortet. Die Stadt verspreche sich von der Verbindung einen wichtigen Impuls für die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe. Er sei optimistisch, dass die Fortführung der Autobahn 20 in Richtung Westen bald wieder auf der Tagesordnung stehen werde.

Auch Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause (CDU) kritisiert die Entscheidung. Er hält die Verlängerung nach Westen für "zwingend erforderlich", um Firmen an den Verkehrsachsen anzusiedeln. Außerdem entlaste die A 20 Landes- und Kreisstraßen. Er unterstütze einen Aufruf des Städteverbundes Nordgate, der beim Land für den Weiterbau werben will. Im Nordgate haben sich die Kommunen entlang der A 7 von Norderstedt bis Neumünster zusammengeschlossen. "In dieser Frage besteht Konsens", sagt Krause.

Nicht einmal den A-20-Gegnern in Bad Bramstedt ist zum Jubeln zumute. "Für mich ist das Thema nicht vom Tisch", sagt der Bramstedter Gerhard Wasmus, der seit Jahren mit vielen Nachbarn gegen die Autobahn protestiert und prozessiert. Die Bewohner der südwestlichen Stadtteile fürchten besonders den Lärm. Wasmus geht davon aus, dass der Beschluss der Kieler Koalition ihm nur einen Aufschub verschafft: "Die Wirtschaft will weiterbauen."

Der BUND Schleswig-Holstein begrüßt die Absicht der Landesregierung. "Jeder Euro für den Straßenbau ist eine zusätzliche Konkurrenz für die Schiene", sagt der stellvertretende Landesvorsitzende Hans-Jörg Lüth, der einen Baustopp vor Bad Segeberg befürwortet. "Die geplante Trassenführung durchs Travetal ist unverantwortlich."

Die Politiker im Kreis Segeberg beurteilten die Kieler Pläne unterschiedlich. "Maßlos enttäuscht" ist der CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete, Gero Storjohann. Die Entwicklungschance Schleswig-Holsteins werde aufs Spiel gesetzt. "Das ist alles Unfug und läuft auf einen Verkehrsinfarkt im Hamburger Rand hinaus." So ähnlich sieht es auch die Kreis-FDP: "Das ist viel zu kurz gesprungen, gefährlich und ein Schritt rückwärts", sagt die Kreisvorsitzende Katharina Loedige.

Andreas Beran, SPD-Kreisvorsitzender, steht hinter der Entscheidung. "Niemand weiß, ob die Elbquerung kommt, mit einem Weiterbau zum jetzigen Zeitpunkt würde man eventuell Geld verschleudern." Für Grüne und Linke ist die Ansage der Landesregierung nicht weitgehend genug. Beide Parteien sind der Ansicht, dass in Bad Segeberg mit der Autobahn 20 Schluss sein sollte. "Je eher die Autobahn endet, desto besser", sagt Peter Stoltenberg vom Kreisvorstand der Grünen. Holger Weihe, Kreispolitiker der Linken, wertet die Kieler Aussage lediglich als "Teilerfolg".

Derzeit endet die A 20 von Lübeck kommend vor Bad Segeberg. Der Planfeststellungsbeschluss für den Weiterbau bis nach Wittenborn inklusive der Ortsumfahrung für die Kreisstadt liegt vor. Doch beim Bundesverwaltungsgericht sind inzwischen sieben Klagen dagegen eingegangen. Außer Privatpersonen beschreiten auch die Gemeinden Klein Gladebrügge und Wittenborn den Rechtsweg. Jens Sommerburg vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Lübeck geht jedoch nicht davon aus, dass die Klagen eine aufschiebende Wirkung haben, da der Bau der A 20 als vordringliches Projekt im Bundesverkehrswegeplan steht.

Das Planverfahren für den nächsten Abschnitt bis zur A 7 steht kurz vor dem Abschluss.