Ausstellung “Neofaschismus in Deutschland“ wird im Rathaus Norderstedt nur versteckt gezeigt. Objekte sind zudem schlecht ausgeleuchtet.

Norderstedt. Auch in Norderstedt sind Neonazis in den letzten Wochen aktiv geworden, haben Propaganda-Material auf der Jungen Messe im Rathaus verteilt und Info-Stände auf dem Rathausmarkt aufgebaut.

Unter dem Motto "Nazi-Aufmarsch stoppen! Internationale Solidarität statt völkischer Wahn!" ruft das Soziale Zentrum Norderstedt jetzt mit der Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" im Obergeschoss des Norderstedter Rathauses zum Widerstand gegen die Neonazis und den Nazi-Aufmarsch am Sonnabend, 2. Juni, in Hamburg auf. Außerdem lädt der Kulturverein zum antirassistischen Fußball-Turnier am Sonnabend, 9. Juni, 11 Uhr, auf dem Moorbekplatz am Schulzentrum Nord an der Moorbekstraße 15 in Norderstedt ein.

+++ Das Soziale Zentrum Norderstedt +++

Leider ist die Ausstellung im Rathaus publikumsfern platziert. Die Stellwände mit Plakaten, Informationstafeln, Fotos und Texten sind im Gang zu den Fraktionsräumen und dem Plenarsaal ausgestellt, einem Gang, der nur wenig von Besuchern frequentiert wird, sondern fast nur von den Politikern dieser Stadt. Zudem ist die Schau dürftig ausgeleuchtet.

Die Ausstellung, konzipiert von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), hat an anderen Standorten aufgrund ihrer kritischen Haltung, beispielsweise gegenüber Roland Koch, bis zum Jahr 2010 hessischer Ministerpräsident, und seinen fremdenfeindlichen Äußerungen ("Wir haben zu viele kriminelle junge Ausländer"), und dem Bund der Vertriebenen mit Erika Steinbach an der Spitze für Widerspruch gesorgt.

Die Norderstedter CDU blieb der Ausstellungseröffnung trotz Einladung fern, im Gegensatz zu Vertreterinnen und Vertretern anderer Parteien, darunter die stellvertretende Stadtpräsidentin Sybille Hahn (SPD), Kathrin Fedrowitz, Norderstedts SPD-Chefin, SPD-Fraktionschef Jürgen Lange, Maren Plaschnick, Vorsitzende der GALiN und Tobias Claßen von der FDP.

"Wir würden die Schau gern direkt in der Rathaus-Passage zeigen"

Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) hingegen befürwortet die Ausstellung ausdrücklich. "Wegschauen ist die schlechteste aller Lösungen, und es ist auch gut, sich an einigen Aussagen zu reiben", sagte Grote in seiner Eröffnungsrede. Jede Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus sei richtig und wichtig. "Das rechtsradikale Gedankengut nimmt zu, und es macht mich betroffen, dass bei der Landtagswahl 221 Norderstedter die NPD gewählt haben, das sind 221 zu viel", sagte Grote.

Norderstedts Verwaltungschef hat dem Sozialen Zentrum beim Einzug in dessen Haus In de Tarpen 8 in Norderstedt geraten, die Kulturträgerschaft der Stadt zu beantragen, und lobte das Engagement des Sozialen Zentrums als Begegnungsstätte in Norderstedt: "Sie sind anerkannter Kulturträger Norderstedts und haben sich mit dieser Stadt auseinandergesetzt."

+++ Schlecht platziert, mäßig beleuchtet +++

"Nur die CDU hat nicht reagiert, das finden wir schade", sagte Tobias Ramert vom Sozialen Zentrum, der die Ausstellung mit einem Team organisierte. "Wir würden die Schau gern direkt in der Rathaus-Passage zeigen, um möglichst viele Passanten ansprechen zu können, aber das Kulturbüro sagte uns, die einzige Möglichkeit für die Präsentation der Ausstellung sei im Gang vor den Sitzungssälen", sagte Ramert.

"In der Rathaus-Passage sind zu viele Anlieger, dort kann nur übers Wochenende ausgestellt werden", sagt Kulturbüro-Leiterin Gabriele Richter, die die Kulturträger betreut. Gemeint sind die Bücherei, das Büro des Seniorenbeirats, die Geschäftsstelle der Volkshochschule und die "TriBühne".

Die Schau ist für alle Bürger gedacht - nicht nur für die Politiker

"Uns würden die Stellwände einer Ausstellung vor den Fenstern der 'TriBühne' nicht stören, auch wenn sie mehrere Wochen dort stehen", sagt Rajas Thiele, Geschäftsführer der "TriBühne". Die Fluchttüren müssten allerdings frei bleiben.

"Die Ausstellung soll vor allem von den Politikern gesehen werden", sagte Stefan Kroeger vom städtischen Kulturbüro zum Hamburger Abendblatt. "Die Schau ist für alle Bürgerinnen und Bürger gemacht, nicht nur für die Kommunalpolitiker, denen hätten wir ja einfach den Katalog schicken können", entgegnet Ramert.

Die Ausstellung ist in fünf Teile gegliedert und fordert unter anderem ein Verbot der NPD, die sich durch den Parteien-Status über die Wahlkampf-Erstattungskosten und die Finanzierung der Landtagsfraktionen mit Steuergeld finanzieren könne.

"Die Nazis sind mit ihren Thesen in der Mitte der Gesellschaft angekommen"

"Zudem missbrauchen die Nazis wieder die soziale Frage, um die Menschen zu ködern und sich den Schein der Legalität zu geben", sagte Hartmut Büchsel, Landesvorsitzender des VVN-BdA. Die Ziele der NPD seien mit dem Grundrecht der deutschen Verfassung nicht vereinbar. "Es gibt Hunderte von neofaschistischen Organisationen, die NPD ist die gefährlichste" sagte Büchsel und warnte: "Die Nazis sind mit ihren Thesen in der Mitte der Gesellschaft angekommen."

+++ "Schwarzer Block" - Neonazis tarnen sich als Linke +++

Die Dokumentationstafeln sind in Themen wie Rassismus und Antisemitismus, "Abschaffung der Demokratie", "Terror gegen Andersdenkende", "Verherrlichung von Gewalt und Krieg" bis zu "Finanzierung und Tolerierung" gegliedert und geben einen guten Einblick in die Neonazi-Strukturen. "Neofaschismus in Deutschland" geht alle Bürgerinnen und Bürger an.

Neofaschismus in Deutschland" ist bis Sonnabend, 16. Juni, im Rathaus Norderstedt, Rathausallee 50, zu sehen. Infos über den Nazi-Aufmarsch und die Gegen-Demonstration am Sonnabend, 2. Juni, gibt es unter www.keine-stimme-den-nazis.org im Internet. Das antirassistische Fußball-Turnier findet am Sonnabend, 9. Juni, auf dem Moorbekplatz am Schulzentrum Nord, Moorbekstraße 15, statt und beginnt um 11 Uhr.