Im Jahr 1972 gab es erstmals einen Wochenmarkt in Garstedt. Am Freitag ist das 40-jährige Jubiläum - und das wird groß gefeiert.

Uwe und Rosi Janoske nach dem Namen ihres Standes auf dem Norderstedter Wochenmarkt an der Europaallee zu fragen, ist in etwa genauso sinnvoll, wie einem Marktbeschicker das vertrauenserweckende "Du" austreiben zu wollen. "Wir sind der Uwe und die Rosi", antworten sie jedem, der es doch versucht, "unser Stand hat keinen Namen. Damals hatten die Stände halt noch keinen Namen".

Damals, das ist die Zeit, in der der Garstedter Wochenmarkt gegründet wurde, in der der Regen noch ungehindert in die Gesichter der Verkäufer peitschte, in der pro Stand nur drei bis fünf verschiedene Waren angeboten wurden und in der die Märkte so voll waren, dass in dem Gedränge kaum zwei Kinderwagen aneinander vorbeipassten. Vor 40 Jahren - anno 1972 - gab es erstmals einen Wochenmarkt in Garstedt.

Kaum noch junge Leute wollen sich den Knochenjob antun

Mittlerweile ist es etwas ruhiger geworden auf dem Platz vor dem Herold-Center, aber noch heute bedient Rosi Janoske die Kunden in Garstedt, endgültig loslassen vom Treiben auf dem Markt möchte die 64-Jährige nicht. Seit der ersten Stunde auf dem Adenauerplatz, also unweit des heutigen Markt-Standortes, ist sie dabei. Ihr Mann Uwe musste wegen Herzproblemen inzwischen den Ruhestand antreten, jetzt hilft ihr Sohnemann Jörg beim Anpreisen von Obst und Gemüse.

Dass sie jemanden gefunden haben, der die traditionsreichen Geschäfte weiterführt, macht die beiden stolz und froh. Den Knochenjob auf dem Markt wollen sich nämlich kaum noch junge Leute antun. Lange Arbeitstage von bis zu 18 Stunden und dementsprechend kurze Nächte sind die Regel, reich wird auch keiner mehr.

Reinhard Schümann, Geschäftsführer der Norderstedter Wochenmärkte, fürchtet, dass in den nächsten Jahren viele Stände aufgegeben werden müssen. "Schade wäre es vor allem um die Individualität. Viele Spezialitäten, Rezepte und Tipps würden verloren gehen" sagt er.

Bis 1977 fand der Markt auf dem Adenauerplatz statt

Von harten Tagen auf dem Markt können auch Ingrid und Wolfgang Savinsky ein Lied singen. "Wir sind bis nach Neumünster und Wahlstedt gefahren, haben teilweise mittags unseren Stand abgebaut, um dann nachmittags woanders zu verkaufen." In Garstedt bauten die beiden 75-Jährigen seit 1977 ihren Stand auf. Die Janoskes kennen sie daher schon länger, in einer Gaststädte in Itzstedt ist über die Jahre hinweg ein kleiner Stammtisch entstanden.

Doch bei aller Freundschaft - der Wochenmarkt hat seine eigenen Gesetze: "Jeder hilft mit, wenn im Winter Schnee liegt oder mal ein Reifen platzt. Aber sobald die Verkaufszeit anfängt, sind wir ,Feinde'", sagt Rosi Janoske und lässt keinen Zweifel daran, dass die Marktbeschicker immer noch um ihren Platz kämpfen müssen.

Bis 1977 fand dieser wöchentliche Kampf um die Aufmerksamkeit der Kunden noch auf dem Adenauerplatz statt. Ab 1992 wurde der Freitagsmarkt dann auf die freie Fläche vor Karstadt verlegt. "Das war unsere beste Zeit", sagt Reinhard Schümann, "die Verkehrsanbindung war fantastisch. Da kam schon mal Frau Plambeck vorbei, hat den Kofferraum ihres Sportwagens vollgepackt und ist dann wieder abgedüst." Nach Unstimmigkeiten mit dem Geschäftsführer von Karstadt bekam der Markt dann schließlich den heutigen Platz an der Europaallee direkt am Einkaufszentrum Herold-Center zugewiesen.

Auch wenn der Bereich nicht mehr so groß ist wie früher, will sich Schümann nicht beklagen. Auch heute noch zieht das einzigartige Flair des Wochenmarktes viele Besucher an. "Die Kunden schätzen die persönliche Atmosphäre", sagt Uwe Janoske. Der berühmt-berüchtigte Spruch "Hallo Schatzilein, hast du geträumt von mir heut' Nacht?" ziehe noch immer.

Wie sehr langjährige Kunden den Janoskes vertrauen, verdeutlicht ihre spontane Spendensammlung für die Opfer des Tsunamis im Indischen Ozean. Da die Kunden um die regelmäßigen Urlaube des Paares in Thailand wussten, bekamen die Hamburger immer wieder Geld zugesteckt, verbunden mit der Bitte, es an die Bedürftigen in Thailand weiterzureichen.

Überhaupt überwiegt bei allem Wettbewerb und unternehmerischem Erfolgsdruck die positive Erinnerung an vergangene Zeiten. Dabei gab es auch so manch brenzlige Situation: Als Uwe Janoske auf der Autobahn seinen Anhänger mitsamt Marktstand verlor, stockte seiner dahinter fahrenden Frau gehörig der Atem: "Erst im letzten Moment ist der Anhänger wieder nach rechts Richtung Graben gezogen, sonst wäre er wohl in den Gegenverkehr geraten", sagt Rosi Janoske. Die Erklärung ihres Mannes für den schlampig befestigten Anhänger klingt dagegen weniger aufgeregt. "Ich wollte schnell los und Fußball gucken", führt er ins Feld.

Wegen des Jubiläums könnte es am Freitag so voll werden wie früher

Am Freitag, wenn das 40-jährige Bestehen des Garstedter Wochenmarktes mit viel Aufwand gefeiert wird, steht Rosi Janoske trotz aller Widrigkeiten wieder hinter der Verkaufstheke. Ob der vielen Sonderangebote zum Jubiläum könnte es mal wieder so voll werden wie vor gut 40 Jahren. Und auch wenn sie den Regen dank eines stabilen Daches über ihrem Stand nicht mehr fürchten muss - die erfahrene Verkäuferin wird sich nicht entspannt zurücklehnen können, schließlich erwarten die Kunden von ihr über mittlerweile mehr als hundert verschiedene Artikel eine fachkundige und persönliche Auskunft.