Rotkehlchen in Not: Robin Junck und seine Mutter wollten verlassenen Küken helfen. Bei Ärzten und Pflegern stießen sie auf wenig Unterstützung .

Kreis Segeberg. Eine Odyssee liegt hinter Sabine Junck und ihrem Sohn Robin aus Henstedt-Ulzburg. Die Mutter und ihr 16-jähriger Sohn wollten sieben Rotkehlchen-Küken retten. Dazu benötigten sie dringend fachliche Hilfe. Sie fragten in Tierheimen nach, bei Tierärzten, bei Tier-Pflegestationen wie dem Wildpark Eekholt. Bei Tierschutz-Institutionen wie dem Nabu bekamen sie nicht einmal Anschluss. Das Stundenbuch einer dramatischen Rettungsaktion:

+++Hier gibt es Erste Hilfe für Wildtiere und Vögel+++

16.05 Uhr: Sabine Junck schaut vorsichtig in das Nest mit sieben Rotkehlchen in der Garage ihres Lebensgefährten in Quickborn-Heide. Und erschrickt: Die Vögel scheinen tot zu sein. Sie beobachtet ein Weile, ob die Vogelmutter zum Füttern kommt: Nichts. Sie packt das Nest vorsichtig in einen Karton und bemerkt dabei noch etwas Leben in den winzigen, vom ersten Flaum bedeckten Körpern. Sie will die kleinen Vögel retten.

16.15 Uhr: Sabine Junck fährt nach Hause nach Henstedt-Rhen und bittet ihren Sohn Robin um Hilfe. Sie mischt nach einem Hinweis aus dem Internet eine Traubenzuckerwasser-Lösung und träufelt sie den Vögeln in den Schnabel. Sie leben durch die Flüssigkeit sichtbar auf. Robin sucht im Internet weitere Adressen für eine erste Hilfe.

Der Anruf beim Naturschutzbund verbindet mit einem Teilnehmer in Bonn. Dort wird ihnen gesagt, Tierarzt-Praxen, Tierheime und die Feuerwehren seien für Wildvögel zuständig. Ein Anruf bei der Freiwilligen Feuerwehr Henstedt-Ulzburg ergibt, dass die Feuerwehr nur für in Not geratene Haustiere zuständig sei. Aber das Tierheim müsse die Jungvögel aufnehmen.

17.35 Uhr: Mutter und Sohn fahren zum Henstedt-Ulzburger Tierheim.

17.50 Uhr: Tierheim Westerwohld. Auskunft: "Wir nehmen keine Wildvögel auf." Aber die Tierkliniken seien verpflichtet, die Vögel aufzunehmen. Ohne Honorar. Der Mitarbeiter gibt ihnen Adressen, darunter eine in Kisdorf. Kein Anschluss. Sohn Robin verzweifelt und sucht per Handy im Internet nach Tierkliniken. Tierklinik Magunna in Norderstedt: Kein Anschluss. Tierklinik Quickborn: "Wir können keine Rotkehlchen nehmen, wir haben nicht das Futter, das sie zum Überleben brauchen." Rotkehlchen bräuchten Futter, das nicht eingefroren werden könne wie Futter für andere Tiere. "Wir nehmen sonst jedes verletzte Wildtier, honorarfrei", sagt Tierarzt Dr. Andreas Engelke.

18.20 Uhr: In ihrer Verzweiflung fahren Mutter und Sohn zur Polizei nach Henstedt-Ulzburg. Die empfehlen den Wildpark Eekholt. Ein Anruf ergibt, dass man keine Rotkehlchen aufnehmen würde, nur Greifvögel, und sie solle doch ein Aufzuchtsbuch über Vögel und Vogelfutter kaufen. Sabine Junck ist erbost. Anruf bei Dr. Matthias Warzecha in Oering: Der Tierarzt empfiehlt, die Vögel zu Sandra Hoffmann nach Kayhude zu bringen.

19.30 Uhr: Ankunft bei Sandra Hoffmann in Kayhude. Die sieben Rotkehlchen-Küken sind gerettet. "Ich kann nicht nein sagen, wenn jemand mit verlassenen Tieren kommt", sagt Hoffmann. Zwei Rehkitze, ein Rehbock, eine Amsel, Fische, Enten, ein Hund und viele weitere Tiere leben bei der Mutter mit drei kleinen Kindern.

"Mein Mann und ich finanzieren alles privat", sagt Hoffmann und füttert die winzigen Rotkehlchen mit Bienenmaden, die sie vorher gekocht hat. "Die Rotkehlchen brauchen sehr viel Eiweiß", sagt Hoffmann. Mittlerweile nimmt sie auch Spenden für ihr Tierparadies entgegen, beispielsweise Pfähle und Zaun, um das Grundstück einzäunen und ihre Schützlinge gegen Hunde schützen zu können.

Robin Junck aber kann wieder lachen. "Ich dachte schon, allen, die immer sagen, sie würden Tiere lieben, sei es egal, ob die Rotkehlchen sterben oder gerettet werden", sagt Robin.