Der 50 Jahre alte Norderstedter arbeitet als Kammerjäger im Raum Hamburg, wo er Insekten, Ratten und andere Schädlinge bekämpft.

Die Gegner von Horst Ahrens mögen kleiner sein als er. Doch dafür stehen sie ihm zu Dutzenden, manchmal sogar zu Hunderten gegenüber. In dunklen Ecken lassen es sich die Biester gut gehen. Was sie sagen würden, wenn sie derselben Sprache mächtig wären wie der 50-Jährige aus Norderstedt? Sie würden ihn verfluchen. Denn Horst Ahrens ist Schädlingsbekämpfer von Beruf, umgangssprachlich also ein "Kammerjäger".

Im Optimalfall macht er kurzen Prozess mit Flöhen, Käfern, Ratten, Wanzen, Motten und ähnlichen Plagegeistern. Es ist ein Job, der erledigt werden muss. Aber bitte diskret - denn wer möchte etwa gerne, dass die Nachbarn wissen, welch Ungeziefer in Schränken und Küchen beheimatet ist? Deswegen ist Horst Ahrens als Ein-Mann-ABC-Öko-Team (ABC: Active Biology Concept) unterwegs in anonymer Mission, mit einem Transporter ohne äußere Beschriftung.

So auch an diesem Morgen, 6.45 Uhr, in Hamburg-Langenhorn. Eine junge Familie hat sich an Ahrens gewendet. Sie klagen über Ausschlag, Juckreiz und gelegentliche Atemnot. Der Schädlingsbekämpfer kennt derartige Symptome und weiß, wonach er ungefähr suchen muss. Fündig wird er auf der Fensterbank der Wohnung. Die Kunden hatten zwar Wanzen oder Flöhe als Ursache vermutet, doch der Experte findet verendete Wollkrautblütenkäfer.

+++Mit dem Frühjahr kommen auch die Krabbeltiere+++

"Diese haben sich im Frühjahr bereits mehrfach gehäutet", erläutert er. "Die feinen Härchen der Käfer gelangen so in die Raumluft, dadurch kann es zu Hautreaktionen kommen und bei empfindlichen Leuten geht es auch auf die Atmung." Das Tückische ist, dass sich die Larven der knapp über drei Millimeter langen Insekten von fast allem ernähren - Haare, Kleidung, Teppiche. Daher sprüht Horst Ahrens zunächst spezielle, biologisch verträgliche Präparate in die Schlupfwinkel der Larven. Darüber hinaus muss die betroffene Familie ihre Wohnung gründlich reinigen. "Sie müssen aussaugen, scheuern, schrubben - dann ist es vorbei."

Als gelernter Konditor ärgerte er sich oft über Schädlinge. 1988 entschied er sich zu einem Berufswechsel, Seminare an der Handwerkskammer und legte die nötigen Prüfungen ab. Seit 1992 ist der gebürtige Wilhelmsburger, der mittlerweile in Garstedt wohnt, selbstständig und akquiriert seine Kunden über Mund-zu-Mund-Propaganda, via seiner Internetseite, die Gelben Seiten sowie Annoncen.

+++Es bröselt aus den Balken+++

Mittlerweile ist die Lehre zum Schädlingsbekämpfer strukturiert; es gibt eine dreijährige Ausbildung. Ahrens hat zwar dasselbe Fachwissen über rechtliche Grundlagen sowie Umwelt- und Gesundheitsstandards, eignete sich dieses aber individueller und somit mühsamer an. "Gott sei Dank ist es heute ein Lehrberuf", sagt er.

8 Uhr. Hamburg-Hamm, Ortstermin beim Grillimbiss "Der Grieche" von Dimitrios Gkitsas. Einst beseitigte Ahrens dort einen Schabenbefall. Seitdem führt er Inspektionen durch, legt Klebefallen für die umgangssprachlich Kakerlaken genannten Schädlinge aus und Mäuseköderboxen. Dies geschieht rein präventiv. "Hier ist alles sauber, so muss das sein, das ist vorbildlich. Hier kann man essen." Und tatsächlich verbringt der Kammerjäger seine Mittagspause später hier mit einem Gyrosteller.

Ebenfalls in Hamm besucht Horst Ahrens zwischen 9.45 und 10.15 Uhr eine Ganztagsschule, die wiederholt Probleme mit Ratten hatte. Die Nager hatten es sich im Komposthaufen gemütlich gemacht. Ahrens legte somit Gift aus, das seine Wirkung nicht verfehlte. "Die Tiere sterben innerhalb von vier Tagen an inneren Blutungen. Ratten übertragen Krankheiten, die müssen weg", sagt er. Abschließend verteilt er noch einmal zur Vorsorge einige Köder, notiert jedoch kurz darauf in seinen Bericht: "Aktion beendet."

Permanent klingelt zwischendurch sein Handy. Mal sind es Anfragen neuer Kunden, mal tauscht sich Horst Ahrens mit seinem Kollegen "Manni" aus über die korrekte Vorgehensweise bei besonderen Fällen. Manches ist zwar Routine, doch spezielle Insekten erfordern Recherche. Daher nimmt Ahrens oft Proben beispielsweise von Ameisen, begutachtet sie daheim unter einem Mikroskop und kann dann meist die genaue Gattung sowie die adäquate Form der Bekämpfung bestimmen. "Alles, was ich selbst nicht erkenne, geht weiter zum Biologen."

Ein Kindergarten in Hamburg-Stellingen hatte bis vor kurzem noch ein Mäuseproblem. Nun begutachtet Horst Ahrens um 13 Uhr die Köderboxen, die sichtbar angeknabbert sind, und wechselt diese aus. Es folgen noch zwei spätere Termine - Holzameisen in Poppenbüttel, Mardervergrämung in Norderstedt. Doch im Notfall ist Horst Ahrens sowieso immer im Dienst. "Wichtig ist, dass man den Schädlingsbekämpfer sofort anruft. Wespennester, Flöhe und Wanzen sind meine Sachen, die müssen möglichst schnell erledigt werden."

Nur eine Garantie gibt es nicht in diesem Job. Denn auch wenn Ahrens erfolgreich gewesen ist, so können die Tiere später aus den verschiedensten natürlichen Ursachen wieder auftauchen.

Doch sollte der Kampf gegen das Kleinvieh einmal ruhen, nutzt Horst Ahrens die Zeit, um an den Wochenenden "seinen" Fußballklub HSV Barmbek-Uhlenhorst live zu unterstützen. Gerade erst gelang dem Kultverein, dessen Wappen er auf dem rechten Arm eintätowiert hat, der Aufstieg in die Oberliga Hamburg. Und darüber spricht Ahrens mindestens genauso gerne und ausführlich wie über seine Profession.

Nur zu Hause in Norderstedt muss er sich nach Feierabend nicht kümmern. "Da habe ich meine 14-jährige Katze Minka, die fängt alle Silberfische im Bad."