In einer Götzberger Scheune stehen VW-Schätze, die in jahrelanger Arbeit restauriert wurden. Darunter auch ein Käfer mit dem “Brezelfenster“

Henstedt-Ulzburg. Die Annonce in einer Fachzeitschrift elektrisierte Jürgen Grendel. 15 000 Mark sollte das Auto kosten. Eine schöne Stange Geld. Aber andererseits... Ein so seltenes Auto - da muss man einfach zuschlagen. Das war 1992. Der Autonarr aus Kayhude erstand damals ein Fahrzeug, das zu den seltensten überhaupt gehört. Im Rohzustand. Heute ist es ein Schmuckstück, das in einer alten Scheune im Henstedt-Ulzburger Ortsteil Götzberg steht und gelegentlich auf den Straßen im Kreis Segeberg zu bewundern ist: Ein "Sport-Kabriolett" auf VW-Fahrgestell vom Karosserie- und Fahrzeugbau Dannenhauer & Stauss. Weltweit gibt es von diesem Modell nur 19 Fahrzeuge, davon sind lediglich zwölf auch wirklich fahrbereit.

Jürgen Grendel hat sich lange Zeit gelassen, um sein Schmuckstück zu restaurieren. Erst in den letzten fünf Jahren hat er sich wirklich intensiv mit dem Auto beschäftigt - jetzt erstrahlt es im neuen Glanz. Für tägliche Dienstfahrten ist der Wagen vielleicht geeignet, aber so geht der Autonarr aus Kayhude mit seinem Auto natürlich nicht um. Diese Rarität muss gehätschelt werden. Die Firma Dannenhauer & Stauss baute zwischen 1950 bis 1955 ungefähr 100 Cabriolets auf VW-Basis. Jürgen Grendel hat noch einen Prospekt von damals. Danach kostete ein komplettes Auto 8892 Mark ("Karosse in Ganzstahlausführung, mit runder Windschutzscheibe aus Sigla-Glas"). Im Vergleich dazu bekam man für 4400 DM einen Volkswagen Käfer in der Export-Ausführung.

30 PS, 120 Stundenkilometer schnell, neun Liter Super auf 100 Kilometer. "Wenn ich unterwegs bin, weiß kein Mensch, um welches Auto es sich hier handelt", sagt Jürgen Grendel, für den dieses Auto auch eine Art Kapitalanlage ist: Heute könnte er locker den zehnfachen Wert des Anschaffungspreises von 1992 dafür verlangen - er würde das Geld sofort bekommen. Natürlich ist das Fahrzeug bis in alle Einzelheiten detailgetreu ausgestattet. Im Übrigen weiß Jürgen Grendel ganz genau, in welchen Ländern die letzten verbliebenen Fahrzeuge aus der Karrosserieschmiede von Dannenhauer & Stauss heute angemeldet sind. Fünf gibt es in Deutschland, einer fährt sogar in Australien, zwei in den USA. Sein Fahrzeug aber ist ein ganz Besonderes: Es ist das weltweit einzige Exemplar mit Dreieckausstellfenstern.

Hinter dem Tor zur Scheune an der Götzberger Straße liegt das Paradies eines jeden Autofans. Hier haben Jürgen Grendel, 53, und Oliver Breetzke, 40, aus Henstedt-Ulzburg einen Teil ihrer Schätze stehen. Grendel den Käfer, Jahrgang 1951. Der mit dem Brezelfenster. Dafür hat er sogar einen der seltenen Einradanhänger. Freund und Arbeitskollege Breetzke - beide sind im medizintechnischen Bereich tätig und fahren Passat-Dienstwagen -einen Käfer aus dem Jahr 1956. Den mit dem Ovalfenster.

In Lentföhrden haben beide eine weitere Scheune angemietet, um ihre Auto-Schätze unterzustellen. Da ist dann ein Käfer-Cabrio, ein altes Postauto ("Fridolin") und diverse andere Käfer. Zum Beispiel einen aus dem Jahr 1949, der bis 1952 als Taxi gefahren wurde, später im Wolfsburger Automuseum landete und jetzt etwa 500 000 Kilometer "auf dem Buckel" hat - allerdings längst nicht mehr mit dem ersten Motor, sondern vermutlich mit dem dritten Motor. Ansonsten aber ist er im Original-Zustand.

Jürgen Grendel, der in seiner Freizeit seit 15 Jahren auch als Redakteur für die Zeitschrift "Das Brezelfenster" arbeitet und dort für den Teilemarkt zuständig ist, erlebte als kleiner Junge eine unvergessliche Fahrt in einem alten Käfer. Nachbar Hansen fuhr so einen Wagen. Und das war im Vergleich zum Fahrzeug seines Vaters schon ein gewaltiger Unterschied: Im Hause Grendel wurde ein Kabinenroller von Messerschmitt gefahren. Immerhin. Zwar war es wegen des kleinen Fensters hinten recht dunkel, aber es war ein einschneidendes Erlebnis für den kleinen Jürgen. 1974 wurde der Eindruck vertieft: Er lernte das Autofahren mit einem Käfer. Ein Jahr später kaufte er sich seinen ersten eigenen Käfer für 5000 Mark. 1986 kam der erste Oldtimer dazu, an dem er ein halbes Jahr ohne größere Kenntnisse herumschraubte. Inzwischen ist er natürlich ein ausgewiesener Fachmann in der "Käferwelt" und ein gerngesehener Stammgast auf diversen Oldtimertreffen.

Oliver Breetzke entdeckte seine Liebe zum VW-Oldtimer auf eher zufällige Weise: Seine Frau bekam einen VW Käfer von ihrer Oma geschenkt. Kennengelernt haben sich Breetzke und Grendel auf einem der monatlichen Treffen des Stammtisches der Käferfreunde Hamburg in Barmbek. Jetzt treffen sie sich meistens an den Wochenenden in Götzberg oder Lentföhrden, um gemeinsam an den alten Autos zu basteln, zu Oldtimertreffen zu fahren oder um einfach nur zu fachsimpeln. "Das ist ein schöner Ausgleich in der Freizeit", sagt Oliver Breetzke. "Es ist doch schön, wenn man etwas um die Ohren hat."

Ein Thema sind zum Beispiel die Ersatzteile: Alles, was benötigt wird, gibt es auf dem Automarkt zu kaufen. Allerdings sind viele Teile nicht passgenau, weil sie auf Brasilien stammen. "Richtige Originalteile sind nur schwer zu bekommen", sagt Jürgen Grendel. Bei VW selbst gibt es keine mehr, das Classic-Car-Center in Wolfsburg hingegen ist Treffpunkt für Käufer aus aller Welt. Reproduktionen sind für Laien von Originalteilen nicht zu unterscheiden, die beiden Fachleute in der Götzberger Scheune kennen sich aber aus und wissen meist sofort, was nachgebaut wurde und was echt ist. An den alten Autos schätzen die beiden Käfer-Fachleute die einfache und bezahlbare Technik. Und sie haben natürlich eine große Freude daran, wenn ihre Fahrzeuge bestaunt werden. Einmal im Jahr zum Beispiel veranstalten Ingrid und Holger Wacker vom "Trödelhöker" eine Oldtimer-Schau vor dem Geschäft, das nur wenige Meter weiter auf demselben Grundstück liegt. Bequemer geht es nicht.