Kieler Sparpläne stoßen auf heftigen Widerstand bei Lehrern, Eltern und Wohlfahrtsverbänden im Kreis Segeberg

Kreis Segeberg. Die Sparpläne der Kieler Landesregierung stoßen im Kreis Segeberg auf heftige Kritik. Es reicht, sagen die Lehrer nach der Ankündigung des Landes, bis zum Jahr 2020 landesweit 3560 Lehrerstellen einzusparen. Die Kita-Elternvertreter befürchten, dass Väter und Mütter ihre Kinder nicht mehr in den Einrichtungen betreuen lassen, weil das Kabinett das beitragsfreie dritte Kita-Jahr gestrichen hat.

"Natürlich ist es grundsätzlich richtig, den Landeshaushalt zu konsolidieren. Aber dass zu Lasten der Bildung gespart wird, können wir nicht nachvollziehen", sagt Thomas Clemen, Norderstedter Ortsvorsitzender des Philologenverbandes, der vor allem Gymnasiallehrer vertritt. Die sollen künftig eine Stunde mehr pro Woche arbeiten. "Wenn es nur um das Unterrichten ginge, wäre das sicher zu verkraften. Aber wir müssen inzwischen soviel zusätzliche Arbeit leisten und beispielsweise Lehrpläne erarbeiten, was eigentlich Aufgabe des Ministeriums ist, dass unsere Kernaufgabe darunter leidet", sagt Clemen.

Die Unterrichtssituation wird sich dramatisch verschlechtern

Die Segeberger Kreisvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW stößt ins gleiche Horn: "Der Wegfall von Lehrerstellen wird die Unterrichtssituation dramatisch verschlechtern", sagt Sabine Duggen. Es sei doch Geld für die HSH-Nordbank da, und die Hoteliers seien durch die Senkung der Mehrwertsteuer entlastet worden. "Wenn alle immer betonen, unsere wichtigste Ressource sitzt zwischen den Ohren, muss man in Bildung investieren und darf die Mittel nicht kürzen", sagt die Gewerkschafterin und erinnert Ministerpräsident Peter Harry Carstensen an ein Versprechen. Der Demographie-Gewinn, die Lehrerstellen, die durch die sinkenden Schülerzahlen abgebaut werden könnten, sollte in den Schulen bleiben. Damit hätten Klassenfrequenzen gesenkt und die individuelle Förderung verbessert werden können. Ihrem Ärger werden die Pädagogen beim ersten Lehrerstreik in Schleswig-Holstein Luft machen. Am Donnerstag, 3. Juni, werden die Beamten die Arbeit niederlegen und aus den Schulen im Kreis Segeberg zur zentralen Kundgebung am Herold Center in Norderstedt fahren.

"Noch vor einem Jahr haben die Politiker parteiübergreifend betont, welch bildungspolitische Bedeutung das letzte beitragsfreie Kindergartenjahr hat. Und nun wird das Gratis-Jahr im Handstreich wieder kassiert", sagt Kathrin Schmieder, Vorsitzende der Kreiselternvertretung für die Kitas. Zwar hätten Erzieherinnen, Eltern und Kinder mit dem landesweiten Protest erreicht, dass Gruppengröße und Personalschlüssel nicht angetastet werden. Die Landesregierung will die Zuschüsse für die Kommunen sogar um jährlich zehn Millionen Euro aufstocken. Es sei aber mehr als fraglich, was davon in den Kitas ankommt, sagt die Norderstedterin.

Die kurzfristige Wiedereinführung der Elternbeiträge für das dritte Kita-Jahr sei praxisfern. Für viele Mütter lohne es sich nicht, halbtags zu arbeiten. Sie und ihre Kinder würden zu Hause bleiben, was volkswirtschaftlich wie bildungspolitisch keinen Sinn mache.

Bei den 751 Schutzpolizisten und 91 Kripo-Beamten der Polizeidirektion Segeberg schwankt die Stimmung zwischen Frust und Verständnis für das Kieler Sparpaket. "Jeder hat damit gerechnet", sagt der Kreisvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Reimer Kahlke. Er und seine Kollegen müssen künftig bis zum 62. Lebensjahr arbeiten. Bisher war nach dem 60. Geburtstag Schluss. "Für die Kollegen im Schichtdienst ist das nicht in Ordnung", sagt Kahlke. Angesichts der großen körperlichen und seelischen Belastungen im Dienst sei diese Regelung den Kollegen nicht zuzumuten. Er fürchtet, dass demnächst selbst die ältesten Kollegen noch für Nachtschichten eingeteilt werden. "Ein Gesetz macht die Menschen mit 60 Jahren nicht fitter", sagt Polizeigewerkschafter Kahlke.

Zwar erwarte er keine Proteste, doch einige Sparmaßnahmen wie das Streichen der Prämien zum Dienstjubiläum in Höhe von 300 bis 500 Euro haben auch atmosphärisch Folgen. Kahlke empört: "Wenn man einem Mitarbeiter nicht einmal etwas zum Jubiläum schenken kann, sollte man den Laden dicht machen."

Manfred Brodersen vom Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) in Norderstedt bezeichnete die Folgen des Sparpakets für die Polizei als "gerade noch akzeptabel", auch wenn finanzielle Einschnitte wie die gekürzten Beihilfen für die Krankenkasse für manche Familien schmerzhaft seien. "Doch das wirft niemanden aus der Bahn", sagt Brodersen. Dass auch Beamte vom Sparpaket betroffen seien, bezeichnete Brodersen als gerecht. Allerdings kenne er Äußerungen einiger frustrierter Kollegen, die sagen: "Das sind nicht die Bedingungen, zu denen ich hier angefangen habe."

Die Mitarbeiter der AKN reagieren gelassen auf die Ankündigung der Landesregierung, ihre Anteile an dem Kaltenkirchener Eisenbahnunternehmen zu verkaufen. "Das hören wir seit mehr als zehn Jahren immer wieder", sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Arno Pooch. "Deswegen bricht hier keiner mehr in Panik aus."

Viele Landwirte werden überlegen, ob sie noch in Neubauten investieren

Die Bauern bekommen Zuschüsse von der Europäischen Union und vom Land, wenn sie auf ihrem Hof in einen Neubau investieren wollen. Sollten die Sparpläne der Kieler Landesregierung durchgesetzt werden, fallen alle Zuschüsse weg. "Das Land will seinen 20-prozentigen Anteil an den Zuschüssen nicht mehr zahlen", sagt der Norderstedter Ortsbauernvorsteher Jens-Walter Bohnenkamp. "Also zahlt auch die Europäische Union nichts mehr; denn beide Zuschüsse sind aneinander gekoppelt." Seiner Ansicht nach werden es sich dann viele Landwirte überlegen, ob sie überhaupt noch in Neubauten investieren wollen. Das Land und die EU zahlen bis jetzt zusammen bis zu 25 000 Euro Einzelzuschüsse.

Viele Beratungsstellen und Selbsthilfekontaktstellen im Kreis Segeberg können nach Ansicht von Günter Ernst-Basten, dem Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Schleswig-Holstein, nur noch unter erschwerten Bedingungen weiterarbeiten. "Ein großer Bereich des sozialen Infrastruktur geht kaputt, wenn im sozialen Bereich wie angekündigt 44 Prozent eingespart werden sollen", sagt Ernst-Basten.