Die Händler des Ta-La-Treffs in Glashütte fürchten, dass sie die Ansiedlung des neunten Discount-Marktes ruinieren könnte.

Norderstedt. Nehmen wir den Ta-La-Treff an der Tangstedter Landstraße als Mittelpunkt, ziehen wir dann einen Kreis mit einem Radius von einem Kilometer und gehen dann auf die Suche nach Discountern. Wir stoßen auf: zwei Aldi-Filialen, zwei von Penny und jeweils eine von Lidl, Netto, Real und Sky. Der potenzielle Kunde findet sich in einem marktwirtschaftlichen Bermudadreieck wieder. Kaum ein Preis, der hier nicht abstürzt.

Mittendrin im Dreieck, nämlich im Ta-La-Treff, sitzen Lilly und Mathias Lohse in ihrem mit 320 Quadratmetern Verkaufsfläche viel zu kleinen und somit wettbewerbsunfähigen Edeka-Lädchen und verbreiten mit dem Verkauf von scheibchenweise Schnittwurst und Feinkost wohlige Dorf-Stimmung. Den Lohses hingegen ist es angst und bange. "Bin ich ein schlechter Kaufmann?", fragt sich Mathias Lohse und hadert mit seiner Berufsehre. Seit 2001 führt er seinen Laden, seine Umsätze werden von Jahr zu Jahr geringer. Die Hälfte seiner Angestellten hat er bereits entlassen, beim Vermieter hat er eine Mietsenkung erreicht. Trotzdem bleibt immer weniger in der Kasse. Die Discounter fressen ihn auf, sagt Lohse.

Den Garaus, da sind sich die Lohses einig, wird ihnen die Netto-Discounter-Filiale machen, die die dänische Maersk-Gruppe gleich nebenan des Ta-La-Treff gerne bauen will. Da stehen jetzt noch marode Wohnhäuser und leere Ladengeschäfte mit eingeschlagenen Scheiben. Geht es nach den Dänen, macht all das Platz für ein Gemischtwarenlager der billigen Variante auf knapp 780 Quadratmetern Fläche, mit allem Denkbaren zwischen Industriewurst in Plastikverpackung, 19-Cent-Joghurt, China-Gummistiefel und Special-Price-Kartoffel.

"Ein Discounter macht hier zehn Familien arbeitslos"

Und dann geht es nicht mehr nur um die Lohses. Einige der anderen Händler des kleinen und jahrzehntealten Nahversorgungszentrums sind sich sicher, dass sie gemeinsam mit den Lohses einpacken können. Weil mit dem Netto-Markt nicht mehr viel vom Brutto bliebe und der Basisumsatz nicht für Miete, Personal und Lebensunterhalt reichen werde.

"Ein Discounter macht hier zehn Familien arbeitslos. Die gehen dann Richtung Hartz IV", sagt Hans-Joachim Zibell. Der Stadtvertreter, der im vergangenen Jahr von der FDP zur SPD gewechselt war, hat sich den Kampf gegen die Netto-Filiale an der Tangstedter Landstraße zur Aufgabe gemacht. Jetzt steht er zusammen mit der Anwohnerin Ragnhild Martens vor den Abrissgebäuden, die für den Discounter weichen sollen. "Der Ta-La-Treff wird zu einer Geisterstadt, das wird ein langsames Sterben für die Händler", prophezeit Zibell. Und Anwohnerin Martens entrüstet sich: "Wir wohnen hier seit 30 Jahren und kaufen alles im ,Treff'. Ich kenne die Klagen der Händler. Bei Netto gibt's doch alles, wer kauft da noch im ,Treff'? Manche hier fahren doch jetzt schon zu den Discountern um die Ecke, um ihre Brötchen billiger zu kriegen." Zibell glaubt den Weg gefunden zu haben, um einen Netto-Markt zu verhindern: "Wir müssen die Stadt und Baudezernent Thomas Bosse dazu bringen, die Genehmigung für das Projekt zu verweigern. Netto muss dann klagen, und die Gerichte entscheiden. Da gibt es genug Urteile, die sich für kleine Händler aussprechen."

Die Händler sind uneins: Wer bringt die nötigen Kunden zum Ta-La-Treff?

Wer sich unter den Händlern im Ta-La-Treff tatsächlich umhört, der stößt auf ein geteiltes Echo was die Netto-Ansiedlung angeht. Nicht alle sind so pessimistisch wie die Lohses. Allen ist klar, dass etwas passieren muss am "Treff". Es müssen mehr Kunden her.

"Ziemlich ruhig", antwortet Maren Holst auf die Frage, wie denn derzeit die Geschäfte im Ta-La-Treff laufen. Sie führt seit fünf Jahren den Blumenladen "Fantastico". Seit es die Post in dem kleinen Nahversorgungszentrum nicht mehr gebe, sei ein wichtiger "Frequenzbringer" nicht mehr da. Die Leute brachten ihre Briefe, holten ihre Pakete und kauften auf dem Rückweg in den Geschäften ein. Jetzt sind Holst und die anderen Händler froh, dass demnächst eine Kindertagesstätte in die leer stehenden Räume einziehen wird. Sie hoffen auf die Väter und Mütter, die ihre Kinder bringen und holen und dabei auf die Geschäfte aufmerksam werden. Maren Holst sieht in Netto keine Konkurrenz. "Die können mit meiner Qualität gar nicht mithalten, das ist nicht vergleichbar", sagt sie. Sie hofft eher darauf dass die Discounter-Kunden bei ihr noch einen Blumenstrauß kaufen werden. Neben dem Blumenladen können sich auch die Betreiber eines Nagelstudios, eines Farbengeschäftes, einer Drogerie sowie ein Friseur und die Sparkasse die Disounter-Lösung gut vorstellen. Laut einer Umfrage des Edeka-Händlers Lohse sind neben ihm die Apotheke, der Bäcker, ein Schneider, ein Massage-Studio, ein Tierfutterhändler, eine Bank, ein anderer Friseur und der Grieche im "Treff" gegen den Discounter - 9:6 für die Gegner.

Baudezernent Thomas Bosse ist für jede Lösung offen

Baudezernent Thomas Bosse erinnert daran, dass es Edeka-Händler Mathias Lohse sowie andere Händler und der Grundeigentümer des Ta-La-Treffs, der Bauverein der Elbgemeinden (BVE), waren, die die Stadt vor Jahren aufforderte, einen "Frequenzbringer" für das Einkaufsquartier zu suchen. Bosse bestätigt nicht, was an der Tangstedter Landstraße jedem Spatz auf jedem Dach bekannt ist und nennt nicht den Namen Netto, bestätigt aber, dass es das Interesse eines Investors gebe. "Es gibt ein konkretes Konzept. Deswegen sind wir jetzt etwas verwundert über die Reaktion von Mathias Lohse", sagt Bosse. Der Baudezernent macht klar, dass noch nichts entschieden ist. Die Stadt sei der Herr über das Verfahren. "Wir brauchen in der Gegend nicht noch mehr Discounter. Und wir wären auch nicht auf die Idee gekommen, hätte es nicht die Initiative der Händler gegeben", sagt Bosse.

Er widerspricht der Einschätzung des Stadtvertreters Zibell, dass Gerichte nötig seien, um eine Ansiedlung des Discounters jetzt noch zu verhindern. "Natürlich kann die Stadt das Projekt verhindern. Aber es geht hier nicht um planungsrechtliche Tricks, sondern um die Frage, was gut für den Ta-La-Treff ist. Wir sind offen für jede Lösung", sagt Thomas Bosse.

Der BVE hat Bosse schon signalisiert, dass er sich nicht gegen eine Netto-Ansiedlung sträube, wenn der Discounter gut mit dem "Treff" verbunden werde, wenn die Architektur sich optisch am Nahversorgungszentrum orientiere, wenn die Stadt den Vorplatz modernisiere und die hässlichen Container entferne. Wenn die Stadt dann noch "positiven Einfluss" ausübe und verhindere, dass der Discounter Drogerieartikel, Farben, Lacke oder Backwaren verkaufe, dann könnten alle von einem Netto-Markt profitieren. Vielleicht sogar Edeka-Händler Lohse.