Axel Strunge aus Kirchwerder ist fasziniert von der traditionellen Technik, Getreide zu mahlen. Am Mühlentag sind begeisterte Besucher willkommen.

Kirchwerder

Im Sekundentakt wird es im Steinboden dunkel. Das ist der Moment, in dem eines der riesigen Windmühlenblätter direkt vor die kleinen Fenster der Riepenburger Mühle in Kirchwerder tritt. Klapp, klapp, klapp, tönt es melodisch im Takt durch den Raum. Ursache des Geräusches ist der hölzerne Rüttelschuh, über den langsam, in immer gleichen Schüben Weizenkörner in die Mahlsteine rieseln.

Mit der Restauration der 22 Meter hohen Mühle hat sich Axel Strunge einen Kindheitstraum erfüllt. 2001 hat der Vorsitzende des Riepenburger Mühlen-Vereins zusammen mit den anderen Mitgliedern die Mühle gekauft. Seitdem verbringt er dort jede freie Minute.

"Mit fünf Jahren habe ich mein erstes Mühlenbuch bekommen", erzählt der 40-Jährige, während er im Erdgeschoss der Mühle steht. Hier war früher einmal das Lager, auch heute stehen hier noch einige Säcke voll mit Mehl und Backschrot. An die Zeit, als die Mühle noch eine "Zwangsmühle" war, erinnern hier zwei große alte Mahlsteine. Im 19. Jahrhundert gehörte die Mühle dem Staat, die Bauern aus Bergedorf, Vierlanden und Geesthacht waren dazu verpflichtet, ihr Getreide hier abzuliefern.

Ins nächste Geschoss, den sogenannten Absackboden, geht es nur über eine enge Holztreppe. Hier riecht es nach Mehl, feiner Staub fliegt durch die Luft. Aus der Decke des Raumes erstrecken sich Rohre fast bis zum Holzfußboden. Aus ihnen wird das fertige Mehl in die Säcke abgefüllt. "Viele Hausfrauen kommen hierher und wollen Getreide kaufen. Sie denken, dass sie ihr Mehl genauso gut selbst zu Hause mahlen können", sagt Strunge und lässt dabei eine Handvoll Schrot durch seine Finger rieseln. Das funktioniere aber nicht so einfach. Schließlich müsse das Mehl über einen längeren Zeitraum oxidieren, sagt er.

Strunge, der hauptberuflich im Hamburger Hafen auf einem Van Carrier, mit dem Container transportiert werden, arbeitet, ist ein Mehl-Experte. Seit seinen Kindheitstagen hat er sich nicht nur mit der Technik der Mühle beschäftigt, sondern auch mit den chemischen Prozessen, die hinter dem Mahlen stecken. Bis ins kleinste Detail kann er sie erklären.

Besonders stolz ist er aber auf die Konstruktion rund um den Sechskantsichter, die den Absackboden neben den vielen Rohren dominiert. Mit viel Liebe hat der 40-Jährige die Maschine, die das Mehl immer und immer wieder siebt, anhand von alten Abbildungen und Erzählungen von Hand nachgebaut. "Als ich noch jünger war, habe ich die damals noch lebenden Müller so lange genervt, bis sie mir ihre Geheimnisse verraten haben. Natürlich habe ich auch jede Menge Bücher gewälzt und Mühlen in ganz Deutschland fotografiert", sagt Strunge. "So eignet man sich Wissen an."

Das Highlight der Mühle liegt direkt unter dem Dach. Auf dem Steinboden wird das Mehl gemahlen. Das Windrad sorgt für ein beständiges Rauschen, dazu kommt das Klappern des Rüttelschuhs. "Bei starkem Wind kann man hier sein eigenes Wort kaum verstehen", sagt Strunge. Über ihm dreht sich ein komplexes Wirrwarr aus Zahnrädern und Gestängen, die schließlich bei den Mahlsteinen enden. Ein wenig Schwindel kommt schon auf, wenn man zu lange in die sich drehenden Räder blickt.

Während er eine dünne Mehlstaubschicht vom oberen Mahlstein, dem Läuferstein, abstreicht, hat der Bergedorfer Strunge einen letzten guten Tipp parat: Gutes Mehl habe einen Wert von ungefähr 1050, sagt er. Die Zahl gebe dabei die Menge an Mineralstoffen an, die noch in dem Produkt enthalten sind. "Tapetenkleister hat mehr Mineralien als das in vielen Haushalten genutzte 405er-Mehl", fügt er mit einem Zwinkern hinzu.

Hier oben endet die Tour durch die Riepenburger Mühle, die zum Deutschen Mühlentag am 1. Juni ihre Tore für jedermann öffnet. "Fertig sind wir hier aber noch lange nicht", so Strunge. "Hier gibt es immer was zu tun, ich plane zum Beispiel ein zweites Mahlwerk. Zum nächsten Mühlentag wird sich hier wieder einiges getan haben."