Erneut stahlen Diebe Nashorn-Hörner, diesmal im Jagdmuseum in Oerrel. In Asien werden dafür hohe Schwarzmarktpreise gezahlt.

Oerrel/Hamburg. Schon wieder haben auf Nashorn-Hörner spezialisierte Diebe in einem deutschen Museum reiche Beute gemacht. Nach dem Einbruch in das Zoologische Museum Hamburg entwendeten Unbekannte nun auch im Jagdmuseum des kleinen Dörfchens Oerrel bei Gifhorn Hörner präparierter Nashörner. Und auch aus Bamberg wird eine entsprechende Tat gemeldet. Laut Polizei spricht alles dafür, dass reisende Diebe Ziele auskundschaften und die Ware schnell außer Landes schaffen.

Pulverisiertes Horn vom Nashorn gilt vor allem in Asien als potenzsteigernd. Auf dem Schwarzmarkt werden bis zu 50.000 Euro für ein Nashorn-Horn gezahlt. Allerdings: Im Falle der in den norddeutschen Museen geklauten Präparate besteht höchste Gefahr, falls sie wirklich pulverisiert in den menschlichen Körper gelangen sollten - die Hörner sind mit Arsen präpariert.

Das Vorgehen der Täter in Oerrel ist mit dem Wort "dreist" nur unzureichend beschrieben: Bereits am Sonnabend waren die beiden Männer im privaten Jagdmuseum des kleinen niedersächsischen Dorfes aufgetaucht. Zuerst lösten sie, wie Polizeisprecher Thomas Reuter es beschreibt, "ganz korrekt" ihre Eintrittskarten zu je vier Euro. Anwesend war zu diesem Zeitpunkt nur die 63-jährige Kassiererin. Einer der Männer ging dann zielsicher in den Ausstellungsbereich und brach die Hörner des dort ausgestellten Spitzmaulnashorns ab, der andere hinderte die Kassiererin mit ausgebreiteten Armen, nach draußen zu flüchten und Alarm zu schlagen. Mit ihrer Beute verschwanden die Täter in einem Auto, dessen Kennzeichen sie gestohlen hatten. Die Museumsmitarbeiterin, so der Gifhorner Polizeisprecher Reuter, war nach dem Überfall so verwirrt, dass sie keine brauchbare Beschreibung der Täter liefern konnte. Auch die Aufnahmen der Überwachungskameras waren praktisch wertlos. Die Fahndung läuft.

In Bamberg verlief der Diebstahl ähnlich wie bei der Tat in Hamburg, die sich am Mittwoch vergangener Woche ereignete. Dort brachen die Täter in ein Museum ein und klauten ein Horn. Bemerkt wurde der Diebstahl erst am Morgen. Auch hier gibt es nach Auskunft der Bamberger Polizei bislang kaum Fortschritte bei der Fahndung. Bereits im Januar hatten Diebe die entsprechende Abteilung des Zoos in Münster schon zum zweiten Mal heimgesucht und massenhaft Ausstellungsstücke gestohlen, auch Stoßzähne von Elefanten. Den ersten Einbruch hatte es dort im August 2009 gegeben. In Simbach am Inn (Bayern) hatten im Juni 2010 zwei Männer einen Tierpräparator besucht, angeblich aus Interesse für dessen Arbeit. Dann verschwanden sie in einem unbeobachteten Moment mit dem Horn eines Nashornes. Die Polizei hat nach eigenen Angaben bis heute keine erfolgversprechende Spur. Dafür aber eine Befürchtung: Wie viele ältere Präparate sind die in Oerrel und Hamburg gestohlenen Exemplare nämlich hochgiftig.

Bis weit in die 80er-Jahre wurden Tierpräparate zur Abwehr von Schädlingen mit todbringendem Arsen präpariert. Der Hamburger Museums-Chef Alexander Haas erklärt: "Trotz nicht genau bestimmter Konzentrationen ist zu vermuten, dass ein Teelöffel pulverisierten Horns reichen könnte, um einen erwachsenen Menschen zu schädigen oder gar zu töten. Insbesondere dann, wenn er in seinen Vitalfunktionen bereits eingeschränkt ist." Da das Pulver der Nashorn-Hörner in Asien, vor allem in China als potenzsteigernd angesehen wird, steht zu vermuten, dass vor allem betagte oder geschwächte Männer es einnehmen. Das Pulver eines Horns bringt auf dem Schwarzmarkt bis zu 50 000 Euro.

Die Hamburger Präparate sind mehr als 30 Jahre alt, das Horn aus Oerrel ebenfalls. Es war dem Museumsgründer Günter Wulff vor 40 Jahren geschenkt worden. Alexander Haas erklärt die Gefahr: "Das Horn eines Nashorns besteht aus einzelnen Haaren, die genetisch bedingt verzwirbelt wachsen und auf diese Art ein Horn bilden. Bringt man die Struktur mit einer Säure zusammen, entfalten sich die Haare. In diesem Zustand badete man das Horn in Arsen. Die Kristalle lagerten sich in der Struktur ein." Außen anhaftende Kristalle wurden unter Sicherheitsvorkehrungen abgebürstet. Das in der Hornstruktur enthaltene Gift könne aber auch noch Jahre später höchst schädlich sein, so Haas. Die Einnahme von 60 bis 170 Milligramm gilt für Menschen als tödliche Dosis.