“Wir wollen keine Motorschäden riskieren.“ Auch Nordelbische Kirche kritisiert E10

Kiel/Hannover. Als erste Behörde in Deutschland hat das Landespolizeiamt in Kiel (LPA) aus der Debatte um den neuen Biosprit Konsequenzen gezogen. Die Polizei in Schleswig-Holstein wurde angewiesen, ihre Fahrzeuge nicht mit E10 zu betanken. "Wir wollen keine Motorschäden riskieren und gehen auf Nummer sicher", sagte LPA-Sprecherin Jessica Wessel gestern dem Hamburger Abendblatt. Auch der niedersächsische Feuerwehrverband empfahl seinen Wehren, vorerst auf E10 zu verzichten.

Rückenwind bekamen die Kritiker vom neuen "ARD-Deutschlandtrend". Trotz der Versicherungen von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), E10 sei für die allermeisten Autos unbedenklich, will nur jeder zehnte Deutsche den umstrittenen Biosprit tanken. Die Beschwörungen auf dem Berliner Benzin-Gipfel sind offenbar weitgehend verpufft. 61 Prozent der Befragten forderten, die Einführung des Benzins mit zehn Prozent Ethanol sofort zu stoppen. Nach einer Emnid-Umfrage für den TV-Sender N24 geben 37 Prozent Röttgen die Schuld an dem Benzin-Wirrwarr. 29 Prozent sehen den Schwarzen Peter bei den Ölkonzernen, 13 Prozent bei der Autoindustrie.

Von dem E10-Verbot bei der schleswig-holsteinischen Polizei sind 160 Fahrzeuge mit Ottomotoren betroffen, darunter 50 Motorräder. Die übrigen 1103 Polizeiwagen fahren mit Diesel. "Die Autowerkstätten konnten nicht ausschließen, dass es bei einer Betankung mit E10 zu Schäden kommt", sagte Polizeisprecherin Wessel. Im Ernstfall müsse bei Reparaturen der Steuerzahler haften. "Dieses Risiko wollten wir ausschließen." Der Kieler Innenminister Klaus Schlie (CDU) stellte sich ausdrücklich hinter die "fachliche Entscheidung" der Polizeitechniker.

Starke Vorbehalte gegen den Biosprit gibt es auch bei der Feuerwehr in Niedersachsen, weil einige der 3300 freiwilligen Wehren nur ein kleines Fahrzeug in Bulli-Größe haben. Diese sogenannten Tragkraftspritzenfahrzeuge sind häufig mit Benzinmotoren ausgerüstet und oft zehn oder 20 Jahre alt. "Wir empfehlen, derzeit kein E10 zu tanken, weil die Problematik noch in der Schwebe ist", sagte Helmut Schneider, im Feuerwehrverband für technische Ausrüstung zuständig.

Die Hamburger Polizei sieht derzeit keine Probleme mit E10. "Unsere benzingetriebenen Fahrzeuge der Polizei sind alle E10-tauglich, das hat eine Überprüfung unserer Fuhrparkverwaltung ergeben", sagte Polizeisprecherin Karina Sadowsky. "Wir tanken immer den günstigsten geeigneten Treibstoff." Wenn E10, das Ende März in Hamburg eingeführt werden soll, billiger angeboten werde als herkömmliches Superbenzin, komme es auch in den Tank. Auch die Berufsfeuerwehr winkte ab. "Unsere Autos sind fast alles Dieselfahrzeuge", sagte Sprecher Rainer Dude. Die wenigen Benziner seien für Biosprit geeignet. Die Polizei in Niedersachsen will von Fall zu Fall entscheiden. Die Hersteller sollen Auskunft erteilen, für welche Automodelle E10 getankt werden kann. "Bei den älteren Fahrzeugen muss man genauer hingucken", so das Innenministerium. In Bremen soll die Polizei zwar möglichst auf E10 umsatteln, aber es gilt auch: "Es muss genau geguckt werden."

Unterdessen hat auch die Nordelbische Kirche scharfe Kritik am Biosprit geübt. "Wir halten E10 für einen falschen Weg", sagte der NEK-Umweltbeauftragte Thomas Schaack. Mögliche Motorschäden seien das eine - die Kirche habe vor allem die ökologischen und sozialen Folgen im Blick, die ein verstärkter Anbau von Energiepflanzen mit sich bringe.