Bundesweit protestierten 20 000 Menschen gegen die geplanten Castor-Transporte im November

Hannover/Gorleben. Rund 20 000 Atomkraftgegner sind am Wochenende bundesweit an 120 Orten auf die Schienen gegangen. Allein in Niedersachsen haben die Menschen an mehr als 60 Orten protestiert. Mit dem "Castor-Strecken-Aktionstag" demonstrierten sie entlang der möglichen Castor-Strecken gegen die für das erste Novemberwochenende geplanten Atommülltransporte von der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague über Süddeutschland ins niedersächsische Gorleben im Wendland.

Schwerpunkt der Protestaktionen war Niedersachsen, wo in rund zwei Wochen der nächste Atommülltransport in Gorleben erwartet wird. Am sogenannten Zwischenlager kamen gestern 400 Atomkraftgegner zusammen, um eine Castorbehälter-Attrappe mit Dutzenden schwarz-gelben "Atommüllfässern" für den Transport nach Berlin zu verladen. Die Fässer sollen am Montag vor dem Bundestag zu einem großen Berg aufgetürmt werden. Die Aktion steht unter dem Motto "Atommüll: Zurück an den Absender".

Ab 6. November sollen die Proteste mit einer Großdemonstration in Dannenberg fortgesetzt werden. Die Kernkraftgegner wollen dann versuchen, den Castor-Transport zu blockieren.

Der Sprecher der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt", Jochen Stay, war mit den Aktionen am Wochenende sehr zufrieden: "Eine tolle Sache, die sicher viele Menschen zum Widerstand gegen den Castor-Transport im November ins Wendland bringen wird."

Die Initiative "Castor-Strecken-Aktionstag" sprach ebenfalls von mehr als 120 Orten, an denen Kernkraftgegner demonstriert hätten. In Hannover protestierten 3000 Kernkraftgegner.

In Lüneburg, Uelzen und entlang der Bahnstrecke im Wendland nach Dannenberg beteiligten sich nach Angaben eines Polizeisprechers mehr als 800 Menschen am Castor-Strecken-Aktionstag. Der Protest sei ausnahmslos friedlich verlaufen, sagte ein Sprecher.

Für das Wendland hatte die Initiative "Castor? Schottern!" zu sogenannten Schotter-Trainings aufgerufen. Die Teilnehmer probten, Bahngleise zu untergraben, um die Schienen für den Zug mit den Castor-Behältern unpassierbar zu machen. "Ich habe so eine Entschiedenheit noch nie erlebt", sagte Pfarrer Eckard Kruse, Endlager-Beauftragter der evangelischen Landeskirche im Wendland. "Die Stimmung ist klar: Wir befinden uns an einem Wendepunkt."

Auch in Greifswald übten Aktivisten mit 130 Teilnehmern symbolisch das "Schottern", nachdem sie Fässer durch die Stadt gerollt hatten. Zum Abschluss des Aktionswochenendes gegen die Castor-Transporte hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) gestern von der Bundesregierung ein Verbot aller Atommülltransporte gefordert. Die Sicherheit der Bevölkerung dürfe nicht der "hochgefährlichen Atommüllverschieberei" geopfert werden, heißt es in der Erklärung. Ständige Atommüllbewegungen vertuschten, dass es weltweit kein sicheres Endlager gebe. Unterdessen hat das Verwaltungsgericht Lüneburg die Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben wegen der Klagen, darunter auch eine von Pfarrer Kruses Gemeinde Gartow, gestoppt. Laut Jochen Stay haben die Klagen nur eine aufschiebende Wirkung. Da das Bundesamt für Strahlenschutz einen Antrag auf Sofortvollzug der Erkundungsgenehmigung beim niedersächsischen Oberbergamt gestellt habe, könne die Entscheidung des Gerichts schnell aufgehoben werden. Das Landesamt für Bergbau hatte erst Ende September die Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten nach zehnjähriger Pause erlaubt.