Eckhard Kruse, 54, seit 1989 Pastor im Wendland, Endlagerbeauftragter der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover.

1. Hamburger Abendblatt:

Was macht der örtliche Gemeindepastor Kruse, wenn der Castor kommt?

Eckhard Kruse:

Dann bin ich wie seit vielen Jahren wieder im Einsatz als Vermittler wie 60 andere Pastoren - eine Vermittlung, um die uns Polizei und Demonstranten gleichermaßen gebeten haben, um in Konfliktfällen zu schlichten, wo immer das möglich ist.

2. Wie ist Ihr Bauchgefühl vor dem 12. Transport ins Zwischenlager?

Kruse:

Einerseits bin ich unglaublich beeindruckt von der Kreativität und dem geschlossenen Auftreten der Menschen - die bereiten sich auf einen absolut gewaltfreien Protest vor. Ich spüre da die Überzeugung: Dieses Mal schaffen wir es. Und es ist mit Zulauf zu rechnen weit stärker als in der Vergangenheit. Andererseits bin ich in großer Sorge, weil beim Zusammenkommen so vieler Menschen immer auch etwas passieren kann - ich mache mir auch große Sorge um Unfälle.

3. Ihre Kirchengemeinde Gartow klagt gegen ein Endlager Gorleben, ist das nicht das St.-Florians-Prinzip?

Kruse:

Überhaupt nicht: Über den üblichen Reflex "nicht bei uns" sind wir weit hinaus. Wir setzen uns seit Jahrzehnten mit der Endlagerung und den speziellen Verhältnissen auch des Gorlebener Salzstocks inhaltlich auseinander. Genau deshalb haben wir begründete Zweifel an der Eignung des Standortes. Vor allem ist die Politik bislang standortunabhängige Kriterien für ein Endlager schuldig geblieben.

4. Wenn die Politik dies leistet, was wird dann aus dem möglichen Standort Gorleben?

Kruse:

Ganz deutlich: Wir brauchen ein Endlager, und wenn die Politik auf unsere Forderung eingeht, solche Kriterien zu entwickeln und zeitgleich alternative Standorte mit anderem Wirtsgestein zu erkunden, werden wir hier in Gartow auch Kirchenland für eine Erkundung zur Verfügung stellen, statt dagegen zu klagen. Es geht ums Verfahren bis hin zur eigentlich selbstverständlichen Öffentlichkeitsbeteiligung mit gesetzlicher Absicherung, also die Anwendung des Atomrechts oder mindestens des strengen neuen Bergrechts.

5. Kirche steht für Versöhnung, was muss Politik leisten, um zu versöhnen?

Kruse:

Nach über 30 Jahren vertaner Chancen ist da unglaublich viel, was geleistet werden muss. Zuerst einmal muss man den Menschen hier im Wendland Vertrauen entgegenbringen, statt ihnen nur Böses zuzutrauen. Politik muss aufhören, die Menschen von allen Informationen möglichst fernzuhalten und stattdessen die Polizei herzuschicken, die dann für einen ungelösten gesellschaftlichen Konflikt den Kopf hinhalten muss.

Eckhard Kruse, 54, seit 1989 Pastor im Wendland, Endlagerbeauftragter der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover