Drei Länder und 14 Landkreise legen heute gemeinsame Gewerbeflächenkonzeption vor. Der Hansestadt gehen die Grundstücke aus.

Hamburg. In Hamburg werden die Gewerbeflächen knapp, am Rand der Metropolregion gibt es ein Überangebot. Dieses nur auf den ersten Blick widersprüchliche Bild zeichnet ein Gutachten, das heute der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Das mehrere Hundert Seiten starke Werk ist ein Novum: Erstmals wurden Gewerbeflächen in der gesamten Metropolregion erfasst, die Entwicklungen in den einzelnen Branchen eingeschätzt und Empfehlungen für eine gemeinsame Gewerbeflächenkonzeption erarbeitet.

Ergebnis: Bis zum Jahr 2025 entsteht in der Region ein Gewerbeflächenbedarf von 1430 Hektar, vorhanden sind aber schon jetzt 4717 Hektar - nur liegen sie nicht dort, wo die Firmen sie haben wollen. Denn die suchen die Nähe zu Hamburg. Dort haben die Gutachter denn auch den größten Bedarf festgestellt - 355 Hektar bis zum Jahr 2025. Aber in der Hansestadt gibt es derzeit nur eine Reserve von 150 Hektar. "Bei einem jährlichen Gewerbeflächenumsatz von knapp 20 Hektar ist absehbar, dass die Angebotsfähigkeit in einigen Jahren an ihre Grenzen stößt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf", schreiben die Gutachter. Mit anderen Worten: Wenn nichts passiert, hat Hamburg in etwa acht Jahren keine Gewerbeflächen mehr. Folge: Firmen müssten auf der anderen Seite der Landesgrenze nach Grundstücken suchen. Aber auch dort sieht es nicht gut aus. Die Kreise Pinneberg, Stormarn und Lüneburg haben nur noch wenig Platz für Firmenansiedlungen.

Ganz anders liegen die Verhältnisse am Rand der Metropolregion. Soltau-Fallingbostel, Cuxhaven und Dithmarschen zählen zu den Kreisen, die die größten Reserven an Gewerbeflächen haben. Die Gutachter sprechen von einem "enormen Flächenüberhang" in der Metropolregion, der die zu erwartende Nachfrage bis zum Jahr 2025 um mehr als das Dreifache übertrifft. "Insgesamt kann vermutet werden, dass ein bedeutender Teil der Flächen mit Vermarktungsproblemen zu kämpfen hat."

Beispiel Bomlitz: Die 7000-Einwohner-Gemeinde in der Nähe von Bad Fallingbostel hat sich Anfang der 90er-Jahre riesige Gewerbeflächen zugelegt. Jetzt, rund 20 Jahre später, sind zehn Hektar verkauft, 32 Hektar stehen leer. "Das ist hier in der Gegend überall so, dass Gewerbeflächen schwer zu verkaufen sind", sagt Bürgermeister Michael Lebid.

Die Gutachter empfehlen nun, eine Art Warnsystem für Politiker aufzubauen: "Notwendig ist die Entwicklung von Instrumenten, die den Blick kommunaler Akteure für die Vermarktbarkeit und die fiskalischen Konsequenzen der weiteren Vorhaltung schwer zu verkaufender Gewerbeflächen schärfen."

Das Problem der fehlenden Flächen in Hamburg und in der direkten Nachbarschaft ist damit noch nicht gelöst. Die Gutachter haben da ein Patentrezept, das den auf Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiheit bedachten Landes- und Kommunalpolitikern nicht gefallen dürfte: Zusammenarbeit. Dass die nicht so einfach ist, ist auch den vier mit der Expertise beauftragten Firmen klar. "Einer institutionellen Zusammenarbeit auf der Ebene der Metropolregion sind aus einer Reihe von fachlichen, strategischen und wirtschaftlichen Gründen enge Grenzen gesetzt", heißt es in der Studie.

Mit anderen Worten: Wenn es um Gewerbeansiedlungen geht, ist jede Kommune auf ihren Vorteil bedacht. Aber dieser Eigennutz ist gefährlich - und führt zu Flächen, die nicht vermarktbar sind. Die Gutachter warnen: "Außer Frage steht, dass die Angebotsfähigkeit bei Gewerbeflächen im inneren Kern der Metropolregion auch in zehn, 15 oder 20 Jahren und darüber hinaus erhalten werden sollte, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten." Zwei Jahre hat die Arbeit an dem Gutachten gedauert. Es ist eines der Leitprojekte der Metropolregion Hamburg - einer Arbeitsgemeinschaft, die die Wirtschaft und den Tourismus fördern will. Mitglieder sind Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie 14 Kreise im Hamburger Umland, vom Kreis Dithmarschen im Norden bis zum Landkreis Soltau-Fallingbostel im Süden. 4,3 Millionen Menschen leben in der Metropolregion.