Den Anti-Atom-Aktivisten wird vorgeworfen, öffentlich zu Gewalt aufzurufen. Staatsanwaltschaft ermittelt in mehr als 500 Verfahren.

Lüneburg. Erstmals ermittelt die Staatsanwaltschaft Lüneburg im Vorfeld eines Castortransports ins Wendland massenhaft gegen Atomkraftgegner wegen des Verdachts, öffentlich zu Gewalt aufzurufen. Ein Sprecher der Justizbehörde bestätigte am Freitag, es gehe um mehr als 500 Ermittlungsverfahren gegen mindestens 300 Einzelpersonen und fast 170 Organisationen, die einen entsprechenden Aufruf unterzeichnet haben.

Darin plant die Initiative "Castor schottern", den Transport mit hoch radioaktivem Müll ins Zwischenlager am ersten Novemberwochenende zu stoppen - und zwar durch Unterhöhlen der Bahngleise im Wendland.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft zum Grund für die Ermittlungen: Nicht nur das tatsächliche Begehen von Sabotage, sondern auch der Aufruf zu Straftaten sei strafbar. Die Ermittlungsverfahren dienten auch der Abschreckung, man wolle weitere Atomkraftgegner davon abhalten, den Aufruf zu unterschreiben. Wer so offen zur Sabotage öffentlicher Einrichtungen aufrufe, könne dafür mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) begrüßte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Die Bürgerinitiative "X-tausendmal quer" nannte Blockade-Aktionen dagegen Regelverletzungen aus Gewissensgründen. Die von den Verfahren betroffenen Atomkraftgegner hätten nicht zum Unterhöhlen der Gleise aufgerufen, sondern lediglich erklärt, dass sie sich beteiligen wollten: "Die Ankündigung einer Regelverletzung aber ist nicht strafbar." Beim 12. Castortransport wird mit mehreren Zehntausend Demonstranten gerechnet.