Schäden nach der Feuerkatastrophe auf der Fähre “Lisco Gloria“ nicht ganz so schwer wie befürchtet. Reederei sucht Ersatzschiff.

Langeland/Kiel. Nach dem verheerenden Brand auf der Ostseefähre "Lisco Gloria" gibt es zwei gute Nachrichten. Aus einer Kieler Klinik wurde gestern der letzte der 28 Verletzten entlassen. Damit haben alle 236 Unglücksopfer die Fährkatastrophe in der Nacht zum Sonnabend überstanden. Zum anderen sind die Schäden auf dem Schiff etwas geringer als befürchtet. "Der Maschinenraum ist nicht ausgebrannt", sagte der Sprecher der Reederei DFDS, Gert Jakobsen, dem Abendblatt. Ob die Maschine noch laufe, sei unklar.

"Die Fähre wird aber auf keinen Fall aus eigener Kraft einen Hafen anlaufen", so Jakobsen. In den nächsten Tagen will die Reederei in Absprache mit der Bergungsfirma Smit aus den Niederlanden entscheiden, wann und in welchen Hafen der vor der dänischen Insel Langeland liegende Havarist geschleppt wird. "Es gibt mehrere Optionen", sagte Jakobsen. Im Spiel ist mit Kiel auch der Hafen, den die "Lisco Gloria" über Jahre mit Klaipeda in Litauen verband.

Einfach lässt sich das Wrack nicht bergen. Zuvor müssen viele Tausend Liter Löschwasser aus dem Rumpf des Havaristen in ein Entsorgungsschiff gepumpt werden, um die Fähre zu stabilisieren. Derzeit hat das rußgeschwärzte Schiff eine Schlagseite von sieben Grad. Anzeichen dafür, dass die Fähre sinken oder zerbrechen könnte, sahen die Brandexperten von Smit bei ihrer ersten Begehung des Wracks aber nicht.

Die Smit-Crew löschte nicht nur letzte Brandnester, sondern konnte auch in die unteren Decks vordringen. Dort sind die Schäden deutlich geringer als auf dem oberen Fahrzeugdeck, wo der Brand ausbrach und Dutzende Lkws in Schrotthaufen verwandelte. Wie schwer das Feuer mehr als 24 Stunden auf der Fähre wütete, lässt sich bei einem Blick auf das Heck erahnen. Dort haben die Flammen ein Loch von mindestens zwei mal vier Metern in die Bordwand gefressen. Wie schwer der Rumpf gelitten hat, ist unklar. Die dänischen Behörden haben ihre Ölbekämpfungsschiffe aus einem weiteren Grund noch nicht abgezogen. Das freundliche Herbstwetter kann jederzeit umschlagen.

Derweil haben fast alle Passagiere ihre Reiseziele erreicht, mit Flugzeugen aus Hamburg und Sonderborg oder mit dem Schwesterschiff der Unglücksfähre, der "Lisco Maxima". Bereits am Wochenende begann die Reederei mit der Suche nach einem Ersatzschiff für den Verkehr zwischen Kiel und Klaipeda. Geht alles glatt, könnte schon am Donnerstag ein Charterschiff ablegen. Die Route ins Baltikum ist gut gebucht und vor allem bei Lkw-Fahrern beliebt, weil der Törn nur 21 Stunden dauert und oft schneller, bequemer und sicherer ist als der Landweg über Polen. Die Reederei versprach, den Unglücksopfern die Schäden zu ersetzen. Viele Passagiere hatten nur ihr nacktes Leben retten können, neben Auto oder Lkw auch Koffer, Handy und Papiere verloren.

Ihr Leben verdanken sie dem litauischen Kapitän und seiner Besatzung. Nach allen Berichten der Passagiere hatte die Crew der "Lisco Gloria" sofort nach dem Ausbruch des Feuers die Evakuierung der Fähre eingeleitet.

Die Staatsanwaltschaft Kiel sieht bisher keinen Anfangsverdacht für eine strafbare Handlung, hält aber Kontakt zu den Ermittlern der Polizei. Sie gehen davon aus, dass der Brand mit einem Kurzschluss in dem Kühlaggregat eines Lkw begann und sich dann in Windeseile über das Oberdeck ausbreitete. Eingeschaltet hat sich auch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung in Hamburg. Die Bundesbehörde will in den nächsten Monaten klären, ob an Bord alle Sicherheitsmaßnahmen beachtet wurden und ob die Rettungsaktion gemäß Notfallplan verlief.