Der Kieler Bildungsminister Ekkehard Klug spricht über Lehrerstellen, Schulschließungen und den Hamburger Volksentscheid.

Kiel. Für Schleswig-Holsteins Schulminister Ekkehard Klug , 54, wird es ungemütlich. Am Mittwoch bringt der FDP-Politiker sein umstrittenes Schulgesetz in den Kieler Landtag ein. Im Dezember will er mit seiner schwarz-gelben Koalition das Sparprogramm beschließen . Auf der Streichliste steht mehr als jede siebte Lehrerstelle. Das Sorgenkind des Kabinetts über die ständige Klassenkeile, den Schulstreit in Hamburg und die Hängepartie um das Gastschulabkommen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Klug, Sie sind vor gut einem Jahr als Hoffnungsträger gestartet. Heute sind Sie das Sorgenkind des Kabinetts. Was ist schiefgelaufen?

Ekkehard Klug:

Es hat über das neue Schulgesetz in der Koalition Diskussionen gegeben. Das hätte auch besser laufen können. Am Ende aber steht der Erfolg, und wir haben eine Reihe weiterer guter Ergebnisse, etwa den Ausbau der Hochbegabtenförderung.

Sie hatten einen Schulfrieden versprochen. Die Lehrer haben gestreikt, viele Eltern und Schüler sind frustriert.

Klug:

Es gibt keine allgemeine Unruhe, wie das gelegentlich behauptet wird. Dem Streikaufruf der GEW ist nur ein kleiner Teil der Lehrer gefolgt. Und im neuen Schuljahr ist die Unterrichtsversorgung durchweg besser geworden.

Besonders umstritten sind die Sparmaßnahmen. Sie müssen in den nächsten zehn Jahren 3650 der 23 000 Lehrerstellen streichen. Konnten Sie sich im Kabinett nicht durchsetzen?

Klug:

Es war von Anfang an klar, dass aufgrund der demografischen Entwicklung im Schulbereich Stellen eingespart werden können. Dabei darf sich die Unterrichtssituation aber nicht verschlechtern. Deshalb erfolgt der Abbau in zwei Schritten: Nur zum kleinen Teil in den nächsten Jahren, überwiegend erst ab 2015 nach einem stärkeren Rückgang der Schülerzahlen.

Sie werden kleine Schulen schließen.

Klug:

Das wird bei sinkenden Schülerzahlen unvermeidlich sein. Ein Beispiel: Eine Grundschule in einer Kleinstadt hat zwei Außenstellen in umliegenden Dörfern. Wenn die Außenstellen in den kommenden Jahren zu klein sind, um Klassen zu bilden, dann ist es sinnvoll, das Unterrichtsangebot in der Kleinstadt zu konzentrieren.

Zum Schulgesetz: Ob ein Gymnasium G8, G9 oder beides anbietet, sollen Schulleiter, Schulkonferenz und Schulträger entscheiden. Was passiert, wenn sie sich nicht einigen?

Klug:

Dann wird das Ministerium entscheiden. Ich gehe aber davon aus, dass es an den meisten der 100 Gymnasien eine einvernehmliche Lösung geben wird. Wie viele Schulen welches Modell wählen, dürfte im nächsten Frühjahr feststehen.

In Schleswig-Holstein wurde G8 vor zwei Jahren flächendeckend eingeführt. Welche Schüler können zu G9 wechseln?

Klug:

Eine Wechselmöglichkeit sollen Schüler der jetzigen fünften Jahrgangsstufe erhalten, vorausgesetzt, ihr Gymnasium bietet G9 an. Die vorherigen beiden Jahrgänge bleiben bei G8, weil man sonst für jeden Jahrgang neue Unterrichtspläne aufstellen müsste.

Was spricht gegen ein Schulsystem aus G8-Gymnasien und G9-Gemeinschaftsschulen?

Klug:

Wir sind auf dem Weg zu einem zweigliedrigen System. Mittelfristig werden Regional- und Gemeinschaftsschulen zusammengeführt. Die Möglichkeit, an Gymnasien ein G9-Abitur zu machen, entspricht dem Wunsch vieler Eltern.

Die Gymnasien haben eine Oberstufe, viele Gemeinschaftsschulen werden keine bekommen.

Klug:

In einem Flächenland kann man nicht in jedem kleinen Ort mit einer Gemeinschaftsschule eine Oberstufe einrichten. Erst recht nicht dann, wenn wenige Kilometer entfernt bereits Oberstufen vorhanden sind. Außerdem wäre es falsch, die Beruflichen Gymnasien zu gefährden. Neue Oberstufen kann es deshalb nur dort geben, wo dafür wirklich ein Bedarf besteht.

Was halten Sie von der Schulreform und dem Volksentscheid in Hamburg?

Klug:

Ich habe das natürlich mit Interesse verfolgt. Als Hamburger Bürger hätte ich mich genauso eingemischt wie die Initiatoren des Entscheids. Als liberaler Bildungspolitiker sage ich als Lehre von Hamburg: Wer das Gymnasium zerstückeln will, der muss sich warm anziehen. Das gilt auch für Schleswig-Holstein. Ich kann SPD und Grüne nur warnen, weiter auf Oberstufenzentren zu setzen und so die Gymnasien amputieren zu wollen.

Jede Koalition in jedem Bundesland baut die Schulen um, macht Lehrer, Eltern und Schüler zu Versuchskaninchen. Wann kommt ein Bundes-Schul-Rahmengesetz?

Klug:

Ich glaube nicht, dass der Bund der große bildungspolitische Segensbringer wäre. Was wir brauchen, ist eine bessere Abstimmung zwischen den Ländern. Ein Umzug von einem in ein anderes Land muss auch mit Schulkindern ohne Probleme möglich sein.

Warum können sich nicht einmal die norddeutschen Länder einigen?

Klug:

In vielen Ländern ist ein Trend hin zu einem zweigliedrigen System erkennbar. Ich kann mir ein solches System auch als Grundstruktur in ganz Deutschland vorstellen. Dazu müssten die linken Parteien aber das Gymnasium akzeptieren und ein zweigliedriges System nicht als Zwischenschritt zur Einheitsschule sehen.

Zu den Dauerkonflikten zählt das Gastschulabkommen mit Hamburg. Wie erklären Sie Eltern und Schülern den Streit?

Klug:

Hamburg will seinen Haushalt sanieren und verlangt von uns wesentlich mehr Geld. Dafür sehen wir keine Rechtfertigung. Außerdem hat Hamburg noch nicht alle Zahlen auf den Tisch gelegt. Ich gehe aber davon aus, dass wir zum Jahreswechsel ein neues Abkommen haben.

In spätestens zwei Jahren wählt Schleswig-Holstein neu. Treten Sie wieder an und wollen Sie gegebenenfalls Schulminister bleiben?

Klug:

Ja, ich trete wieder an und würde gern Bildungsminister bleiben.