Die Umweltschützer wollen erreichen, dass das Atomkraftwerk nie wieder ans Netz geht und hat Klage zur Stilllegung des Reaktors eingelegt.

Kiel. Im Kampf gegen das Kernkraftwerk Krümmel hat Greenpeace nachgelegt. Die Umweltschutzorganisation reichte gestern beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig eine Klage zur Stilllegung des Reaktors ein. Der Betreiber Vattenfall zeigte sich ungerührt. Er will Ende des Jahres beantragen, Krümmel wieder anzufahren. Der Meiler ist nach einem Störfall 2007 fast durchgehend vom Netz.

Greenpeace begründete die Klage zum einen mit einer Lücke beim Terrorschutz. "Krümmel ist nicht gegen den Aufprall eines großen Passagierflugzeugs geschützt", sagte Sprecherin Cornelia Deppe-Burghardt. Ein derartiger Aufprall könne einen schweren Atomunfall auslösen. Greenpeace fordere daher, die Betriebsgenehmigung für den Reaktor zu widerrufen.

Ein Wiederanfahren Krümmels kann die Klage nicht verhindern. "Sie hat keine aufschiebende Wirkung", sagte Greenpeace-Anwalt Ulrich Wollenteit. Das OVG werde frühestens 2011 über diese und weitere Klagen gegen Krümmel und Brunsbüttel entscheiden. Streitpunkt ist auch hier der Terrorschutz. Krümmel ist nur für den Absturz eines Militärjets ausgelegt, Brunsbüttel für den eines kleinen Privatflugzeugs.

Ob die Klagen Erfolg haben, ist mehr als fraglich. Grund ist eine bisher weitgehend unbeachtete Regelung im Atomkompromiss der Bundesregierung. Sie will das tolerierbare Restrisiko um Flugzeugabstürze erweitern und so Klagen gegen mangelnden Terrorschutz die Grundlage entziehen.

Die aktuelle Klage zur Stilllegung Krümmels ruht laut Wollenteit auf einem zweiten Pfeiler. "In dem Reaktor hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Pannen von besonderer Qualität gegeben", sagte der Hamburger Anwalt. Vattenfall besitze nicht die nötige Zuverlässigkeit.

Ob das stimmt, prüft die Kieler Atomaufsicht seit dem erneuten Störfall in Krümmel im Sommer 2009. Das Ergebnis dürfte frühestens im Herbst vorliegen. Grundlage ist das Atomgesetz, das für den Entzug der Betriebslizenz hohe Hürden setzt. Vattenfall hatte davon schon nach dem Störfall 2007 profitiert. Der Konzern bestand damals die Zuverlässigkeitsprüfung.

Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow reagierte gelassen auf die Greenpeace-Attacke. "Wir wollen im Dezember den Antrag stellen, Krümmel wieder anzufahren." Krümmel sei nach dem Einbau neuer Trafos und der Reparatur von Rissen und Dübeln "technisch auf dem neuesten Stand".

Der Meiler von 1983 hatte vor der Zwangspause noch eine Restlaufzeit von gut acht Jahren, soll nun 14 Jahre dazubekommen, könnte also bis mindestens 2032 laufen. Den Antrag für Brunsbüttel will Vattenfall in der zweiten Hälfte 2011 stellen. Der Meiler von 1976 wäre ohne den Störfall 2007 schon längst ausgemustert (Restlaufzeit knapp zwei Jahre), könnte dank des Berliner Zuschlags von acht Jahren aber noch bis mindestens 2021 laufen.