Landkreise in Niedersachsen rufen Katastrophenalarm aus. So viel Regen wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1891.

Osnabrück. Zerstörte Häuser, geräumte Schulen, Stromausfälle und Helfer im Dauereinsatz: Sintflutartige Regenfälle haben bis zum Freitag in weiten Teilen Niedersachsens zu massiven Überschwemmungen geführt. Von dem Unwetter-Tief "Cathleen" waren insbesondere die Region um Osnabrück, der benachbarte Kreis Steinfurt und die Kreisstadt des Landkreises Schaumburg, Stadthagen, betroffen.

In Osnabrück und im Kreis Steinfurt lösten die Behörden noch in der Nacht zum Freitag Katastrophenalarm aus. Trotz der Überschwemmungen wurde ersten Angaben zufolge kein Mensch in Niedersachsen verletzt.

Allein in Osnabrück rückten Polizei und Feuerwehr zu mehr als 500 Einsätzen aus. Ein Sprecher der Stadt sagte, in seiner über 20-jährigen Tätigkeit habe er noch nie so starke Regenfälle in Osnabrück erlebt. Nach Angaben vom Meteorologen Andreas Wagner vom Wetterdienst Meteomedia in Bochum sei in der Region innerhalb eines Tages dreimal so viel Regen gefallen wie sonst im gesamten Monat August. "Nie war dort ein August nasser seit Beginn unserer Aufzeichnungen im Jahr 1891."

In den niedersächsischen Landkreisen Grafschaft Bentheim, Emsland, Osnabrück und Schaumburg gingen in nur 24 Stunden 100 bis 130 Liter Regen pro Quadratmeter nieder. Allerdings entspannte sich die Lage im Laufe des Freitags. Gegen 14 Uhr hob der Deutsche Wetterdienst die seit Donnerstagmittag geltende Unwetterwarnung auf. Nach Angaben des Wetterdienstes verabschiedete sich Tief "Cathleen" zum Ende des Freitags in Richtung Süden. Dennoch warnte ein Sprecher für weite Teile Deutschlands bis zum Sonnabendmorgen vor weiteren heftigen Schauern und starken Gewittern.

Die durch Osnabrück fließende Hase erreichte mit 2,54 Metern einen neuen Rekordpegelstand und stieg im Laufe des Freitags immer weiter. Erst in der Nacht zum Sonnabend sollte sie ihren Höchststand erreichen. Allerdings trat der Nebenfluss der mittleren Ems außerhalb Osnabrücks bereits über seine Ufer. Viele Keller wurden im Stadtgebiet überschwemmt. Eine Schule und ein Krankenhaus konnten nur durch Sandsackbarrieren davor bewahrt werden, überflutet zu werden. Für alle Schulkinder fiel der Unterricht am Freitag aus.

Im nahen Bad Essen im Landkreis Osnabrück drohte ein Rückhaltebecken überzulaufen. Menschen, die unterhalb des Beckens wohnen, mussten ihre Häuser verlassen. Im Landkreis Steinfurt löste Landrat Thomas Kubendorff Katastrophenalarm aus, nachdem mehrere Häuser vom Einsturz bedroht waren und die Gefahr bestand, dass Vieh in den Ställen ertrinken könnte.

Alle Feuerwehren rückten daraufhin aus, um Schlimmeres zu verhindern. Die Kreisstadt Stadthagen, 40 Kilometer westlich von Hannover gelegen, stand mit ihren knapp 22 000 Einwohnern völlig unter Wasser. Das gesamte Stadtgebiet wurde von den Rettungskräften abgesperrt, weil das Wasser in den Straßen rund 30 Zentimeter und höher gestiegen war.

Die Bahnstrecken Rheine-Osnabrück und Münster-Osnabrück waren bis in den frühen Freitagmorgen gesperrt. Auch danach kam es nach Bahnangaben zu erheblichen Verspätungen.

Eine weitere überschwemmte Strecke zwischen Münster und Gronau wurde am frühen Morgen wieder freigegeben. Eine vierte Bahnstrecke zwischen Coesfeld und Gronau blieb zunächst unpassierbar. Auch die Autobahn A 30, die als Ost-West-Verbindung die niederländische Grenze und den Großraum Hannover verbindet, stand teilweise unter Wasser.

Ähnlich verheerend war die Lage auch in anderen Teilen Deutschlands, etwa in Franken und der Oberpfalz, insbesondere aber im Norden Nordrhein-Westfalens, der von der gleichen, knapp 30 Kilometer breiten Unwetterfront betroffen war und in dem die Menschen neben dem Starkregen auch mit heftigen Winden zu kämpfen hatten.

Allein in den Regierungsbezirken Münster und Detmold mussten die Einsatzkräfte zu 4000 Einsätzen ausrücken, gab das nordrhein-westfälische Innenministerium am Freitagnachmittag bekannt, insbesondere zu übergelaufenen Kellern und übergelaufenen Rückhaltebecken.

In Bad Salzuflen im Kreis Lippe richtete ein Tornado erheblichen Sachschaden an, als er auf seinem Weg durch die Heilbäder-Stadt Dächer abdeckte und Bäume entwurzelte.