Schleswig-Holsteins neuer Generalstaatsanwalt kommt aus Niedersachsen - und er hat ein Parteibuch der FDP. Die Unterlegenen üben Kritik.

Kiel. Schleswig-Holsteins neuer Generalstaatsanwalt kommt aus Niedersachsen. Wie aus Regierungskreisen verlautete, will das schwarz-gelbe Kabinett heute den Leiter der Hildesheimer Anklagebehörde, Thomas Pfleiderer, 60, zum Chefankläger in Schleswig-Holstein befördern. Die Opposition ist empört, weil mit Pfleiderer ein FDP-Mitglied einen der wichtigsten Jobs in der Landesjustiz übernimmt. "Es entsteht der Eindruck, dass ein verdientes Parteimitglied mit einem guten Posten versorgt werden soll", sagte der justizpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Thorsten Fürter. Die Stelle des "Generals" müsse nach Eignung, Leistung und Befähigung besetzt werden. "Ein Parteibuch darf keine Rolle spielen." Die SSW-Justizexpertin Silke Hinrichsen bemängelte, dass ein Kandidat aus Niedersachsen zum Zug kommen soll. "Wir haben auch in Schleswig-Holstein sehr gute Staatsanwälte." Im Visier hat die Opposition Justizminister Emil Schmalfuß . Der parteilose Jurist, der auf FDP-Ticket Minister wurde, wird sich frühestens heute zu dem umstrittenen Auswahlverfahren äußern. Dem Vernehmen nach haben sich sechs Top-Juristen um den Generalsposten beworben, darunter die Chefs der Staatsanwaltschaften in Kiel, Itzehoe und Flensburg. Alle drei gehören zur ersten Garde der Ermittler in Schleswig-Holstein. Parteipolitisch sind sie ebenso wenig aufgefallen wie der amtierende General Erhard Rex , 65, der 1997 aus Niedersachsen kam und Ende August in Pension geht.

Bei Pfleiderer ist das anders. Der Jurist ist im niedersächsischen FDP-Landesverband Vorsitzender des Fachausschusses Innen, Recht und Verfassung. Für Schlagzeilen sorgte auch sein Ortsverband Isernhagen bei Hannover. Er begrüßte im Frühjahr als prominenten Zuzügler Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler. Wichtiger könnte eine andere Verbindung Pfleiderers sein. Er kennt Kiels Justiz-Staatssekretär Michael Dölp (FDP) aus dessen Zeit als Richter in Niedersachsen.

"Ich kann nur hoffen, dass Minister Schmalfuß eine ordentliche Wahl getroffen hat", sagte Hinrichsen. Klar ist, dass Pfleiderer "vom Fach" ist. Geboren in Oberbayern, studierte er in Kiel Jura und machte in Niedersachsen Karriere, erst als Chef der Staatsanwaltschaft Bückeburg, dann als Leiter der Anklagebehörde Hildesheim. Dort führt Pfleiderer 31 Staatsanwälte. Als General in Schleswig wäre er für 197 Ermittler zuständig. Dienstantritt soll der 1. September sein.

Sicher ist der Starttermin allerdings noch nicht, weil unterlegene Bewerber klagen könnten. Solche "Konkurrentenklagen" müssten die Verwaltungsgerichte in Schleswig entscheiden. Dabei hat der Landtag die Hürden für das Kabinett erhöht. Der General ist seit 2009 laut Gesetz kein politischer Beamter mehr, muss also allein durch Fachkompetenz überzeugen.

Die FDP dementierte gestern vorsorglich jeden Verdacht der Mauschelei. "Weder der Landesverband noch die Landtagsfraktion haben sich in das Auswahlverfahren zum Generalstaatsanwalt eingemischt."