Hannover. 1990 übernahm ein rot-grünes Bündnis unter dem Ministerpräsidenten Gerhard Schröder die Macht in Niedersachsen und machte Front gegen alle Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung, allein in diesem Bundesland die Endlagerung des Atommülls zu realisieren. Im Kampf gegen die geplanten Endlager Gorleben und Konrad aber geriet das bereits existierende marode Endlager Asse in den Hintergrund. "Die Asse war nicht die Hauptbaustelle", räumte Monika Griefahn gestern vor dem Untersuchungsausschuss ein. Sie war von 1990 bis 1998 SPD-Umweltministerin in Hannover.

Vielleicht deshalb hatte Griefahn sogar vergessen, dass sie kaum einen Monat vor ihrem Amtsantritt in dem ehemaligen Salzbergwerk gewesen ist. Sie erklärte vor dem Ausschuss, ein Besuch habe sich nie ergeben: "Ich wusste, dass es ein Schrotthaufen ist und musste nicht davon überzeugt werden, dass es für die Endlagerung ungeeignet war." Als ihr dann CDU-Abgeordnete einen Zeitungsbericht über ihre Asse-Visite im Mai 1990 vorhielten, erklärte Griefahn das mit einer Erinnerungslücke: Sie habe den Asse-Besuch wohl mit einer Besichtigung des benachbarten ehemaligen DDR-Endlagers Morsleben verwechselt, ebenfalls ein Salzstock.

"In lebhafter Erinnerung" hat Griefahn dagegen, wie die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung und hier vor allem Umweltministerin Angela Merkel das Land Niedersachsen ab 1990 mit Weisungen regelrecht überzogen, um die Erkundung von Schacht Konrad für schwach und mittel radioaktiven Abfall und die Erkundung von Gorleben für hoch radioaktive Atomabfälle fortzusetzen. Nach ihrer Einschätzung hat die Physikerin Merkel trotz der Katastrophe von Tschernobyl weiter auf die Atomenergie gesetzt: "Die meinte, wir würden alle spinnen, nur weil wir atomkritisch eingestellt waren."

Unter Hinweis auf Schriftverkehr der Bundesbehörden machte der Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel gestern der damaligen Bundesregierung und hier der zuständigen Ministerin Merkel den Vorwurf, sie sei "nicht einmal vor der Verfälschung wissenschaftlicher Arbeiten zurückgeschreckt". Die Bundesregierung habe befürchtet, Berichte über die bedrohliche Situation in der Asse könnten das Projekt Gorleben gefährden, wo radioaktiver Müll ebenfalls im Salz gelagert werden soll.

Griefahn will 1992 von den gefährlichen Wassereintritten in der Asse erfahren haben und sagte dem Ausschuss, dies habe sie damals auch öffentlich gemacht. Tatsächlich erfuhren die Medien erstmals 1998 davon. Aus der Sicht des FDP-Abgeordneten Björn Försterling ist das "ein erschreckender Widerspruch, den Frau Griefahn nicht zufriedenstellend aufklären konnte".