Richter spricht zwei Tippern das Geld zu. Doch sie kommen nicht ran, denn der Staatsanwalt ermittelt noch.

Hildesheim. Die drei Männer haben lange Jahre bei Bosch in Hildesheim gemeinsam am Band gestanden, nach Feierabend zusammen gefeiert und eben Lotto gespielt. Gestern hat das Landgericht Hildesheim in einem Zivilprozess entschieden, dass zwei der ehemaligen Freunde ihren Gewinn von 1,735 Millionen Euro nicht mit dem dritten Arbeitskollegen teilen müssen. Der konnte im Verfahren nicht beweisen, dass er einen Anteil von 21 Euro am entscheidenden Tippschein bezahlt hat.

Ungeteilten Grund zur Freude aber haben auch die Gewinner nicht: Die Staatsanwaltschaft Hildesheim hat den größten Teil der Gewinnsumme gepfändet und Anklage erhoben gegen die beiden Männer wegen des Verdachts des Betruges. Daran ändert auch das gestrige Urteil des Zivilgerichts nichts. Das Geld wird absehbar noch Jahre bei mäßigen Zinsen von der Sparkasse Hildesheim verwaltet, ehe vor dem Strafgericht eine Entscheidung fällt und nach der bereits angekündigten Berufung im zivilen Rechtsstreit endgültig klar ist, wer sich als Lottogewinner fühlen und sorgenfrei leben kann.

Am 2. Juli 2008 ist es passiert: Sechs Richtige und Superzahl beim "Super-Ding", einer besonderen Spielvariante, brachten über 1,7 Millionen Euro und umgehend Streit. Er habe, so hat es der dritte Mann in der Beweisaufnahme vor Gericht im Sommer vergangenen Jahres erläutert, dem Arbeitskollegen seinen Anteil von 21 Euro am Spielschein zum Schichtende bei Bosch ausgehändigt. Eine Kopie des Spielscheins, wie sonst immer üblich, habe er danach nur deshalb nicht erhalten, weil der Freund tags darauf in den Urlaub fuhr. Dass es diese Version für durchaus glaubhaft hielt, hat das Gericht schon vor Monaten deutlich gemacht durch einen Vergleichsvorschlag: Die beiden Gewinner sollten sich mit je 670 000 Euro begnügen und den Kollegen mit 395 000 Euro beteiligen. Das aber lehnten beide ab. Mindestens vor der Zivilkammer 4 am Landgericht Hildesheim ist ihre Rechnung aufgegangen. In seinem Urteil machte der Vorsitzende Richter Michael Meyer-Lamp gestern zwar deutlich, dass er die Version von der Geldübergabe für durchaus plausibel hält: "Aber Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus, es fehlen zwingende Aspekte, die zeigen, dass es so gewesen ist." Jeder Lottospieler, so der Richter, sollte daraus "seine Lehre ziehen, sich eine Quittung schreiben lassen, sei es auf einem kleinen Zettel oder einer Zigarettenpackung". Tatsächlich hat am Abend nach der Ziehung der Lottozahlen ein reger Telefonkontakt zwischen den drei Männern stattgefunden, in dem es nach Auffassung des Gerichts einen Schlüsselsatz gab: "Wir haben gewonnen, ich habe dreimal verglichen, Wahnsinn." Doch diese Botschaft an die beiden anderen Männer erklärte der Mann mit dem Lottoschein im Prozess mit Aufregung: "Ich bin fast vom Sofa gefallen." Noch am Abend will er dem dritten Mann eindeutig gesagt haben, dass er nicht beteiligt sei.

Ganz unabhängig vom Verlauf der weiteren Verfahren war es gestern kein Sieg auf der ganzen Linie für die zweiköpfige Tippgemeinschaft. Den Anspruch der Männer auf Schadenersatz für Zinsverluste durch die Pfändung des Geldes wurde abgewiesen. Das Gericht wies darauf hin, diese Beschlagnahme sei zwar durch die Strafanzeige des Mannes ausgelöst, aber letztlich durch richterlichen Beschluss geschehen.

Angesichts des hohen Streitwerts gab es aber durchaus Gewinner. Am Streitwert orientieren sich nun mal die Honorare. Richter Meyer-Lamp: "Die Anwälte freuen sich."