Alpinski in Schleswig-Holstein - das geht tatsächlich. Auf dem 168 Meter hohen Bungsberg betreibt ein 73-Jähriger den nördlichsten Skilift Deutschlands.

Schönwalde. Bei guter Sicht kann Hans Heinrich Schröder (73) von hier oben die Schiffe auf der Ostsee sehen. Doch heute sieht er nur weiß - und rund 200 Rodler und Skifahrer, die zu ihm gekommen sind. Der Bungsberg ist mit 168 Metern die höchste Erhebung Schleswig-Holsteins und in diesen Wintertagen zum Schneeparadies für die Norddeutschen geworden.

Zusammen mit seinem Nachbarn Horst Schnoor betreibt Schröder in der Nähe von Eutin den nördlichsten Skilift Deutschlands.

Bei diesen eisigen Temperaturen steht Schröder in seiner orangefarbenen Baustellenjacke am Drahtseil, die Kälte dringt durch seine dicken Lederhandschuhe, die Füße werden taub. Er ist 73 Jahre alt, aber kein bisschen müde: Wenn nötig, hilft er von morgens bis abends den Skifahrern in die Bügel, repariert die Maschine, verkauft Tickets. 15 Euro kostet die Tageskarte.

Wenn Schnee liegt, lockt die Holsteinische Schweiz Wintersportler in Scharen zum höchsten Hügel des Bundeslandes. Die Piste ist 300 Meter lang und steil - die meisten brauchen eine halbe Minute für die Abfahrt. Das ist zwar nicht richtig alpin, aber für Regine Bruhn (26) ist das ausnahmsweise mal ausreichend. Sie ist begeisterte Snowboard-Fahrerin, in den Alpen fährt sie auf den schwarzen Pisten, das sind die extremsten und gefährlichsten. Ihr Freund Felix Heimbächer (28) hat noch nie auf einem Snowboard gestanden. Jetzt will sie es ihm endlich beibringen, und ist dazu extra aus Kiel mit ihm gekommen. Der Bungsberg ist eben eine Klasse für sich. "Phänomenal, wenn ich von hier ins Tal gucke, alle Wälder sind weiß", schwärmt sie. Ihre Freunde haben ihr gerade Urlaubsfotos gezeigt - verregnete Tage in Österreich. "Da bin ich hier doch besser dran."

Eine Skihütte kann sie hier nicht für die Freunde fotografieren, dafür aber den Imbiss von Gunnar Müller. Wenn er Schneewolken sieht, setzt er sich ans Telefon: "Liegt bei euch auch Schnee?", hat er Schröder nach Neujahr gefragt. "Ja, komm vorbei!" Müller springt in seinen Imbisswagen, verkauft jetzt heißen Kakao und Bratwürste am Berg. Um seine Gaststätte in Eutin muss sich seine Frau nun kümmern.

Das kleine Skiparadies im Norden entstand vor 39 Jahren. Die Gemeinde Schönwalde kaufte einen Skilift vom Chiemsee und stellte ihn auf Schröders Grundstück. Einfacher geht es nicht: eine Konstruktion aus Elektromotor und zwei Eisenrädern, zwischen denen die 450 Meter Drahtseil im Kreis laufen. Seit diesem Tag im Winter 1971 ist Schröder Skilift-Unternehmer auf dem Gipfel. Er und sein Nachbar betreiben den Lift, die Gewinne werden zwischen ihnen und der Gemeinde geteilt.

Genau so lange, wie es diesen Lift gibt, kommt auch Jürgen Krostitz zum Skilaufen. Er ist 74 Jahre alt, hat sich dick in Winterjacke und Mütze eingepackt. Er wohnt am Bungsberg und kommt ausschließlich zu seinem Freund Schröder, einen anderen Skilift hat er seit vier Jahrzehnten nicht betreten. Dieses Jahr muss er das auch gar nicht. Die Meteorologen versprechen, dass bis zum Wochenende der Schnee auf dem Bungsberg auf jeden Fall liegen bleiben wird.