27-Jähriger aus Stade lebt seit vier Jahren mit einem Motor in der Brust. Was er dringend braucht, ist ein Spenderorgan.

Hannover. Bastian Heidhoff hat keinen Herzschlag, keinen Puls, sein Blutdruck lässt sich nicht messen. Wenn der 27-Jährige aus Stade sein Herz wahrnehmen will, legt er den Kopf auf die Schulter, horcht in sich hinein und beschreibt das Ergebnis: "Ich spüre mein Herz brummen." Was da brummt, ist ein kleiner Motor, der mit 3500 Umdrehungen in der Minute dafür sorgt, dass das Blut aus der Lunge am Herzen vorbei direkt in die Körperschlagader gepumpt wird.

"Heartmate II" heißt das Kunstherz und der junge Mann aus Stade lebt damit jetzt schon vier Jahre, so lange wie kein anderer Mensch in Europa. Mit 19 Jahren wurde eine Herzschwäche diagnostiziert, mit 23 Jahren dann verschlechterte sich sein Zustand dramatisch, aber es gab kein Spenderorgan. So erhielt er an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) das Kunstherz: "Damit komme ich super klar." Radfahren, Treppensteigen, Kino, gerne auch HSV-Heimspiele in Hamburg. Und als eingefleischter Bayernfan hat er sich zudem zwei Highlights gegönnt, Heimspiele in der Münchner Allianz-Arena. Häufig dabei ist seine Freundin, die er schon mit dem Kunstherzen gefunden hat. Viel erklären musste er ihr nicht, sie war im Bilde: "So wie Frauen das halt machen, im Freundeskreis vorher erkundigen."

Die strubbeligen schwarzen Haare erinnern ein bisschen an Harry Potter, halblange Jeans, blaukariertes Hemd, so sitzt der Bankkaufmann im Konferenzraum der MHH, gibt Auskunft. Zwei Wünsche hat er: Endlich wieder baden in der Badewanne und ein neues Herz. Baden kann er nicht, weil aus seiner Brust ein Kabel kommt, das zum elektronischen Steuergerät an seinem Gürtel und den beiden Akkus führt, die den Motor am Herzen versorgen. Dieses Kabel ist die Schwachstelle: Früher oder später kann es brüchig werden, auch Infektionen auslösen. Dauerhaft braucht Bastian Heidhoff ein Spenderherz - der Grund für den Auftritt mit Prof. Martin Strüber gestern in der MHH. Strüber hat ihn vor vier Jahren operiert. Arzt und Patient wollen mehr Menschen zur Organspende bewegen.

Seit dem Jahr 2004 werden in Deutschland gleichbleibend rund 400 Herzen jährlich transplantiert aber auf der Warteliste stehen inzwischen statt 400 über 900 todkranke Patienten. Mit den Kunstherzen versuchen die Mediziner, ihnen zusätzliche Chancen durch Wartezeit zu verschaffen, die MHH war dabei der Vorreiter. Aber selbst Prof. Strüber kann nicht genau sagen, wie lange Bastian Heidhoff noch leben kann mit dem "Heartmate II": "Ich glaube, das geht noch mehrere Jahre gut."

Der Patient selbst hat sich Gelassenheit verordnet: "Ich versuche es locker zu nehmen, mich nicht selbst verrückt zu machen." Das aber gelingt verständlicherweise nicht immer. Da war die Nacht im November 2006, als in Europa die Stromnetze zusammenbrachen und er fest verdrahtet an seiner Ladestation schlief - eine kleine Notbatterie hat ihn damals mühsam am Leben gehalten.

Allein in Europa leben inzwischen über 500 Menschen mit Heartmate II und ähnlichen Kunstherzen. Anfangs, so erläutert Prof. Strüber, war das nur eine Notlösung für bereits todkranke Patienten. Von denen starben bis zu 30 Prozent nach der Operation an Multiorganversagen. Inzwischen wird früher operiert, wenn die Patienten noch widerstandsfähig sind - neun von zehn überleben, gewinnen Zeit und warten weiter, so wie Bastian Heidhoff.