Dafür schlägt er vor, auf Endlager in Gorleben zu verzichten. Bundesamt für Strahlenschutz spricht von Scheinlösung

Hannover. Ursprünglich war Wolfram König nach Hannover gekommen, um eine gute Nachricht zu verkünden: Seiner Behörde, dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), ist es gelungen, das marode ehemalige DDR-Atomendlager Morsleben bei Helmstedt so zu stabilisieren, dass es nicht länger einsturzgefährdet ist.

Doch einmal mehr preschte der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) vor mit seinem Vorschlag, für hochradioaktiven Müll ein auf bis zu 150 Jahre angelegtes Zwischenlager zu bauen - statt des geplanten Endlagers Gorleben im Wendland. "Die Bundesregierung sollte diese Variante prüfen", sagte Sander. Der verbeamtete BfS-Chef König, sonst stets betont zurückhaltend, reagierte überraschend deutlich und warnte davor, eine "Scheinlösung" zu wählen: "Damit verlagern wir nur unangenehme Probleme auf künftige Generationen."

Sander hatte seinen Vorstoß mit der Hoffnung begründet, spätere Generationen könnten mit dem Giftmüll aufgrund wissenschaftlicher Fortschritte besser umgehen und ihn eventuell sogar als Energieträger nutzen. Für BfS-Chef König aber ist es eine "ethische Frage", dass die Gesellschaft, die die Atomenergie nutzt, auch bald für eine sichere Endlagerung sorgt: "Eine Langzeitzwischenlagerung halte ich für den falschen Weg." Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel bezeichnete Sander als "atompolitischen Wirrkopf", Ablehnung kam auch von den anderen Oppositionsparteien SPD und Linke.

Fast in den Hintergrund geriet angesichts der aktuellen Diskussion, dass es dem Bundesamt als Betreiber des ehemaligen DDR-Endlagers Morsleben gelungen war, nach acht Jahren und mit einem Aufwand von mehr als 160 Millionen Euro 27 riesige Hohlräume rund um die Atomlagerkammern mit 37 000 Tonnen Atomabfällen zu stabilisieren. Dafür waren fast eine Million Kubikmeter Salzbeton in das ausgehöhlte Bergwerk gebracht worden.

Noch im Herbst soll die Anhörung über die Schließung des Lagers beginnen, es gibt mehr als 15 000 Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss. Wenn der vorliege, so König, rechne er mit zehn bis 15 Jahren für die Schließung des Bergwerks nach Atomrecht. Dafür muss sichergestellt sein, dass über Hunderttausende von Jahren nicht mehr Radioaktivität aus dem Bergwerk entweicht, als nach heutigem Strahlenschutzrecht erlaubt ist - also ohne Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung. Die Kosten dafür schätzt König auf bis zu zwei Milliarden Euro. Aufkommen muss dafür - ebenso wie für die absehbar noch höheren finanziellen Lasten des zweiten maroden Endlagers Asse - der Steuerzahler.

Während das BfS zuversichtlich ist, für Morsleben den Nachweis der Langzeitsicherheit führen zu können, sollen rund 45 000 Tonnen schwach- und mittelradioaktiver Müll aus der Asse nach oben geholt werden. Wegen drohender massiver Wassereinbrüche ist aus BfS-Sicht die Langzeitsicherheit nicht zu gewährleisten. In die Asse laufen täglich zwölf Kubikmeter Wasser - so viel Flüssigkeit von außen wird in Morsleben in einem Jahr registriert.