Eine Software-Panne im Lübecker Rathaus ermahnt alle, die 2009 ein Knöllchen kassiert haben. Es wird sogar mit Erzwingungshaft gedroht.

Hamburg. Es ist ein Software-Problem mit eklatanten Folgen. Autofahrer, die im vergangenen Jahr in Lübeck falsch geparkt haben, bekommen jetzt Post von der Vollstreckungsbehörde. In den automatisierten Schreiben werden sie aufgefordert, nicht bezahlte "Knöllchen" zu begleichen. Der Fachbereich "Buchhaltung und Finanzen" droht mit Zwangsgeld und sogar Erzwingungshaft.

Von den Mahnverfahren betroffen sind auch diejenigen, die ihr Knöllchen längst bezahlt haben. Dass sie jetzt zur Kasse gebeten wurden, hängt mit einem Kommunikationsproblem zweier Software-Produkte im Lübecker Rathaus zusammen. Es handle sich um eine "bedauerliche Software-Panne", sagt Verwaltungssprecher Marc Langentepe. Schuld seien erhebliche Probleme bei der Umstellung der altmodischen kameralistischen auf die moderne, kaufmännische Buchhaltung bei der Stadt. So sind offenbar bei der Übergabe der Daten aus der Software für Ordnungswidrigkeiten an die neue Lübecker Finanzsoftware "MACH" im ersten Halbjahr 2009 fehlerhafte Informationen übermittelt worden. Demnach werden Außenstände vom Computersystem gemeldet und die Drohbriefe von der Verwaltung ungeprüft verschickt.

Wie vielen Autofahrern zu Unrecht Haft angedroht worden ist, kann die Verwaltung derzeit noch nicht abschätzen. Um weitere Fehler zu vermeiden, hat die Stadt Lübeck bis zur vollständigen Aufklärung der Fälle alle Mahn- und Vollstreckungsverfahren gestoppt. Sobald die zweifelhaften Fälle überprüft sind, werden die Verfahren wieder aufgenommen.

Ein gutes hat die Software-Panne allerdings auch. Weil die Verwaltung in der zweiten Jahreshälfte mit der Behebung der Panne beschäftigt war, konnte das System sechs Monate nicht korrekt arbeiten. 5000 Bußgelder konnten nicht kassiert werden, da Strafzettel nach drei Monaten verjährt sind.