Im Abendblatt-Interview spricht Hamburg-Wasser-Chef Michael Beckereit über die langwierigen Verhandlungen mit dem Landkreis Harburg.

Hamburg. Die Förderung von Trinkwasser in der Lüneburger Heide ist zum Politikum geworden. Politiker aus Niedersachsen werfen Hamburg vor, die Verantwortung für die Beseitigung zukünftiger Schäden durch die Wasserwirtschaft abzulehnen. Das Abendblatt sprach mit Hamburg Wasser-Chef Michael Beckereit über das zähe Ringen um das neue Wasserrecht.

Hamburger Abendblatt: Woher kommt Ihr Wasser dort in der Karaffe? Aus der Bismarck-Quelle?

Michael Beckereit: Nein. Aus Curslack. Es schmeckt ausgezeichnet. Ich trinke zwei bis drei Liter Wasser am Tag, am liebsten mit Minzeblättern. Wenn die Minze eine Zeit lang im Wasser zieht, gibt das einen ganz leichten Minzegeschmack. Das hat mein Vorgänger hier eingeführt.

Wie ist der aktuelle Stand in dem Antragsverfahren beim Landkreis Harburg?

Beckereit: Im Grunde fangen wir gerade wieder von vorne an. Der Landkreis Harburg will, dass wir die Brunnen der Fassung Schierhorn jetzt wieder in das gesamte Verfahren einbinden, nachdem Schierhorn im ursprünglichen Antrag ausgeklammert werden sollte. Also sind wir jetzt in der Situation, den ganzen Antrag mit Schierhorn neu stellen zu müssen. Wir haben das von Juristen prüfen lassen. Es wäre möglich gewesen, das laufende Antragsverfahren durchzuziehen, und Schierhorn in einem abgekoppelten Verfahren sozusagen draufzusatteln. Aber darauf lässt sich der Landkreis nicht ein. Wir brauchen etwa ein Jahr, um dafür alle Gutachten und Unterlagen zusammen zu bringen.

Eine Einigkeit fehlt bislang über den Bewilligungszeitraum. Hamburg will das neue Wasserrecht für 30 Jahre, die niedersächsische Seite dagegen eine Begrenzung auf zehn Jahre. Sind Sie bereit einzulenken?

Beckereit: Wir bleiben dabei, dass wir aufgrund der Investitions- und Versorgungssicherheit eine Laufzeit von 30 Jahren brauchen. Für die langfristig gesicherte Versorgung einer Großstadt wie Hamburg ist eine Laufzeit von nur zehn Jahren nicht zumutbar. Wir sind freiwillig bereit, den Wasserbedarf alle zehn Jahre überprüfen zu lassen. Aber es darf nicht nach nur zehn Jahren grundsätzlich in Frage gestellt sein, ob wir überhaupt Wasser bekommen.

Ist der Landkreis Harburg ein besonders schwieriger Verhandlungspartner, wenn es um die Erteilung von Wasserrechten geht?

Beckereit: Wir wären froh, könnten wir das Wasser, das die Stadt Hamburg braucht und mit dem wir die Stadt versorgen müssen, ausschließlich aus Hamburg fördern. Leider ist das für Metropolen wie Hamburg nicht möglich. Wir sehen zwei Dinge. Der Landkreis Harburg vergibt zum ersten Mal das Wasserrecht, da wird alles, was wir mit unseren Antragsunterlagen liefen, eine Nummer genauer angesehen. Und die politischen Entscheidungsträger im Harburger Kreistag zeigen weitaus mehr Interesse an unserem Antrag, als dies beispielsweise in Schleswig-Holstein der Fall ist, wo wir auch Trinkwasser fördern. Dort ist ein solches Wasserrechtsverfahren in zwei bis drei Jahren abgeschlossen.

Der politische Einfluss ist also deutlich stärker als normalerweise üblich?

Beckereit: Ich möchte es so ausdrücken: Der Landkreis Harburg, Politik und Verwaltung, nimmt in dem Verfahren, das durch das Wasserrecht vorgegeben ist, mal die Rolle der Interessenvertretung ein und mal die Rolle des objektiven Entscheiders. Das macht es für uns nicht einfacher. Im Normalfall bedarf es auch keines Verwaltungsabkommens, um ein Wasserrecht zu bekommen.

Der Streit um das Heidewasser belastet inzwischen das Verhältnis der Nachbarländer Hamburg und Niedersachsen. Der umweltpolitische Sprecher der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer, wirft Hamburg Wasser und der Stadt Hamburg vor, Wasser in Niedersachsen zu fördern, es zu einem guten Preis zu verkaufen, und sich vor der Verantwortung für den Schutz des Grundwassers zu drücken. Trifft der Vorwurf zu?

Beckereit: Nein, er ist nicht gerechtfertigt vor dem Hintergrund der Bewirtschaftung des Wassers in der Nordheide. Wir haben in mehr als 30 Jahren noch nie über das zulässige Maß hinaus gefördert, keine Bäche trocken gelegt und nachweislich keine Schäden verursacht. Es gibt nicht eine Studie, in der Umweltschäden dokumentiert sind. Und wenn, dann wären wir regresspflichtig. Wir wollen normale Partner in der Region sein. So haben wir in Trockenzeiten Landwirten Wasser gegeben, um zu helfen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke schlägt einen zusätzlichen Fonds vor, in den Hamburg einzahlen soll. Dieser "Generalplan Heidewasser" soll dazu dienen, Schäden auszugleichen, die bei der Trinkwasserförderung in der Nordheide entstehen. Schließen Sie eine Beteiligung aus?

Beckereit: Das müssen die beiden Länder entscheiden. Nach niedersächsischem Landesrecht ist eine Wasserentnahmegebühr, der sogenannte Wasserpfennig, zu bezahlen. Das ist das normale Instrument, mit dem ein Bundesland umgeht, wenn es ein Wasserentnahmerecht vergibt. Wir gehen davon aus, dass ein vergleichbarer Auftrag in dem neuen Verwaltungsabkommen der Länder enthalten sein wird. Wir könnten damit leben, wenn man einen Fonds für zusätzliche Untersuchungen über die Auswirkungen der Wasserförderung einrichtet.

Wann kommt es denn zu einer Einigung?

Beckereit: Das Verwaltungsabkommen der Länder liegt nach unseren Informationen in den letzten Zügen und dürfte bald unterschriftsreif sein. Weil der Landkreis Harburg von uns verlangt, einen neuen Antrag zu stellen, ist der Abschluss des Verfahrens für ein neues Wasserrecht nicht vor 2013 möglich. Ich tippe, dass es 2014 so weit sein wird. Wir wollen endlich ein Ende sehen, denn wir empfinden den ungeregelten Zustand vor dem Hintergrund der Bedeutung einer verlässlichen Wasserversorgung als nicht angemessen.