Untersuchungen der Lüneburger und Hamburger Universität zeigen: Heidepflanzen können den zunehmenden Stickstoff nicht mehr filtern.

Lüneburg. Die Heide gerät in Gefahr, ihre wichtige Wirkung als Filter für das Grundwasser zu verlieren. Das ist das Ergebnis von Forschungen an der Leuphana-Universität in Lüneburg und der Universität Hamburg. Ursache ist der erhöhte Stickstoffanteil in der Luft. Die Forscher befürchten, dass der Klimawandel die Heidepflanzen nachhaltig schädigen wird. Auch die noch intakten Hochmoore sind gefährdet.

Es ist eines der größten aktuellen Forschungsprojekte in der Metropolregion: Seit dem Jahr 2009 untersuchen sechs Forschungseinrichtungen, elf Behörden sowie behördennahe Einrichtungen und Unternehmen aus dem Großraum Hamburg den Klimawandel. Erarbeitet werden sollen Anpassungsstrategien für die Region. Gefördert wird das Projekt mit rund 15 Millionen Euro, überwiegend aus dem Etat des Bundesforschungsministeriums.

+++ Die Heide wird winterfertig gemacht +++

Untersucht werden in verschiedenen Projekten die Auswirkungen des Klimawandels auf Heidelandschaften, auf Hochmoore und auf die Wiesen im Elbstromtal. Ökologieprofessor Werner Härdtle hat an der Leuphana-Universität erste Ergebnisse vorgelegt. Die sind beunruhigend. Drei Jahre lang hat er mit seinen Mitarbeitern Freilandexperimente in der Lüneburger Heide unternommen, um festzustellen, wie die Besenheide (Calluna vulgaris) auf die zu erwartenden trockenen Sommer und den erhöhten Stickstoffeintrag aus der Luft reagieren wird.

"Der Stickstoffeintrag ist ein großes Problem, denn mit Stickstoff gedüngte Pflanzen reagieren auf Trockenheit sensibler als andere. Schon jetzt müssen die Pflanzen mit 25 bis 30 Kilo Stickstoff aus der Luft pro Jahr fertig werden. Der Stickstoff stammt aus unterschiedlichen Quellen wie der Massentierhaltung in der Landwirtschaft, aus Autoabgasen, aus der Düngung und aus der Gülleausbringung auf den Feldern", erklärt Professor Härdtle.

In Kombination mit den zu erwartenden trockenen Sommern in den nächsten Jahrzehnten - Forscher gehen von einer Abnahme der Regenfälle um bis zu 35 Prozent im Sommer und von einem Temperaturanstieg von 2,5 Grad bis 2050 aus - kann der Klimawechsel der Besenheide schwer zu schaffen machen. "Besonders betroffen sind junge Pflanzen. Zum Teil sind bei unseren Versuchen, bei denen wir die Bedingungen des Klimawandels simuliert haben, bis zu 50 Prozent der jüngeren Pflanzen eingegangen. Die Calluna ist keine Mimose, aber den Bedingungen des Klimawandels wird der Bestand nicht in seiner gewohnten Ausdehnung standhalten können", sagt Härdtle.

Würde die Heide im großen Umfang absterben, hätte dies für das gesamte Ökosystem Folgen. "Zurzeit hält die Heidelandschaft Stickstoffe zurück. Die Heide wirkt wie ein Speicher, es gelangen deshalb keine Nitrate ins Grundwasser. Würde diese Serviceleistung des Ökosystems ausfallen, entstünde volkswirtschaftlicher Schaden. Künftige Generation müssten massiv in die Wasserversorgung investieren, um sauberes Wasser in der Region zu gewährleisten." Aber nicht nur die Heideflächen im Süden von Lüneburg werden vom Klimawandel betroffen sein. Die Wirkung der bevorstehenden Veränderungen auf die Hochmoore hat Professor Kai Jensen vom Fachbereich Biologie der Fakultät für Naturwissenschaften an der Universität Hamburg mit seinen Mitarbeitern untersucht. "Ursprünglich hatten wir auf etwa zehn Prozent der Flächen in der Metropolregion bedeutende Hochmoore. Inzwischen sind sie stark dezimiert, man versucht allerdings an einigen Orten, die Hochmoore wieder zu renaturieren", sagt Sebastian Schmidt, der sich am Lehrstuhl auf Hochmoore spezialisiert hat.

"Die Hochmoore haben für unsere Umwelt eine bedeutende Funktion, denn sie sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Wenn sie wegfallen, wird der in ihnen enthaltene Kohlenstoff freigesetzt - mit allen Nachteilen für das Klima", sagt Schmidt. Eng verwandt mit dem Kohlenstoff ist das Kohlendioxid, das sogenannte Treibhausgas, das für den Klimawandel mitverantwortlich gemacht wird. Vorrangiges Ziel im Klimawandel müsse es deshalb sein, Kohlendioxid zu verringern, dabei könnten Moorlandschaften helfen. "Unter den Bedingungen des Klimawandels könnte es allerdings sehr schwierig werden, Hochmoore wie geplant vermehrt zu aktivieren", sagt Schmidt.

Der Frage, wie sich Auewiesen im Elbstromtal im Rahmen des anstehenden Klimawandels verändern werden, hat sich Christin Ludewig am Lehrstuhl von Professor Jensen gewidmet. Sie hat ihre Arbeiten im Biosphärenreservat Elbtalaue in Zusammenarbeit mit der Biosphärenverwaltung in Hitzacker vorangebracht. Ludewig vermutet, dass einzelne Arten vom anstehenden Klimawandel durchaus betroffen sein werden. "Allerdings ist dieses Ökosystem sehr komplex. Der Mensch greift dort immer wieder ein, um die Nutzung der Flächen als Wiese zu erhalten. Außerdem gibt es im Elbtal viele Faktoren, die Einfluss auf das Ökosystem haben."

"Aus allen Ergebnissen, die unsere Forschungsarbeiten erbringen, werden wir ein Kursbuch für die Metropolregion verfassen. Damit soll die Anpassung der Region an den Klimawandel erleichtert werden", sagt Jensen.