Der Tanzsportkreis Buchholz 08 - in der Lateinformation längst eine Großmacht - bildet Nachwuchs für die neue D-Formation aus.

Buchholz. "Eins, zwei, drei. Drei Schritte nach rechts. Eins, zwei, drei. Drei Schritte nach links." Die klare, energische Stimme von Franziska Becker erschallt durch die kleine Turnhalle des Schulzentrums Am Kattenberge. Die Jungen starren auf ihre Füße, zählen angestrengt mit. Die meisten der Mädchen haben den Blick schon nach vorn gerichtet. Und wenn sie ihn zur Seite zu ihren Partnern wenden, zeigt sich in ihren Mienen so ein "Wie-die-Jungs-sich-wieder-anstellen-Tadel".

Formationstanz in Buchholz, mitreißende Bilder und Szenen von acht jungen Damen und acht Herren in engen, bunten, sexy Outfits und Musik und Rhythmen voller Lebensfreude. So kennen und so feiern die Zuschauer diesen Sport. Dies hier aber, in der nüchtern kahlen Turnhalle, das ist der Anfang. Die ersten Schritte für Jungen und Mädchen auf einem langen und mühevollen Weg.

Der Tanzsportkreis im TSV Buchholz 08, in der Latein-Formation längst eine Großmacht in Deutschland, ist dabei, neuen Nachwuchs auszubilden um wieder eine D-Formation in die Turniere schicken zu können. Aus der D-Formation der vergangenen Saison sind die meisten Mädchen und Jungen inzwischen in die C-Formation aufgerückt. Begonnen hatte der Neuaufbau mit einem Casting im Mai. Daran hatte die 14-Jährige Milena Meyer teilgenommen. Inzwischen gehört das blonde Mädchen aus Dibbersen schon zum festen Kreis, der gerade Schrittkombinationen für den Jive einübt.

"Seit einem halben Jahr trainieren wir zweimal in der Woche", erzählt die Schülerin, die eine ideale Grundausbildung für ihren neuen Sport mitbringt. "Sechs oder sieben Jahre habe ich in Hamburg in der Nachwuchsschule von John Neumeier Ballett geübt", erzählt Milena. "Zuletzt musste mich meine Mutter vier Mal in der Woche nach Hamburg fahren. Das wurde zu viel."

Malte Hauff und sein Schulfreund Lucas Birke haben sich bei den spektakulären Formations-Wettkämpfen in der Nordheidehalle fürs Tanzen und die ganze Show drum herum begeistern lassen. Beide haben Schwestern, die inzwischen zur C-Formation gehören. "Aber bei einem Schulball oder so habe ich noch nie ein Mädchen zum Tanz aufgefordert", erzählt der Zwölfjährige, der vorher Fußball beim Buchholzer FC spielte. Lucas, der auch noch Tischtennis spielt, sagt: "Nein, mit meiner Schwester habe ich noch nie getanzt."

Laura ist ja auch die ältere. "Um zwei Minuten", wie ihr Bruder lachend bestätigt. Im Albert-Einstein-Gymnasium gehen die Zwillinge und auch Malte Hauff in eine Klasse. "Außerdem gehören ja auch noch Sarah und Clara aus unserer Klasse zu unserer Formation." Die allerdings steht so noch nicht. Es fehlen, wie könnte es auch anders sein, noch immer ein paar Jungen, damit die Neuen mit acht Paaren zum ersten Turnier antreten können.

"In Buchholz ist es dank der vorbildlichen Vereinsarbeit leichter, Jungen für Jive und Rumba zu begeistern", sagt Franziska Becker, die Tanzsporttrainerin, die zweimal in der Woche aus Bremen nach Buchholz kommt. "Aber natürlich, durch die Maskerade, das Schminken und Haare färben und all das Künstliche gilt unser Sport noch immer als sehr weiblich. "Dabei ist der Tanzsport in den letzten Jahren viel männlicher und kraftvoller geworden. Aber wir müssen noch viele Vorurteile zum Einsturz bringen. Dabei überzeuge ich vor allem Mütter gern, dass sich gerade Jungen in unserem Sport extrem weiter entwickeln können. Sie bauen Hemmungen ab, sammeln Erfahrung im Umgang mit Mädchen und treten viel selbstbewusster auf."

In Buchholz hatten die Jungen die ersten Tanzschritte ohne die Mädchen einstudiert, auch, damit sie sich nicht gleich vor den Mädchen blamieren. "Es dauert rund ein halbes Jahr", so Franziska Becker, "dann kann die Formation ein Programm durchtanzen. Ein weiteres halbes Jahr, und wir können sie für ihren ersten Wettkampf anmelden."