Dressurreiterclub Niedersachsen veranstaltet einen Grand Prix de Dressage im Reiterzentrum Hanstedt – und verfolgt damit zwei Ziele.

Hanstedt. Viel Zeit bleibt nicht für das Lächeln der Siegerin. Ingrid Klimke nimmt im Reiterzentrum Hanstedt mit freundlicher Heiterkeit an der Siegerehrung teil, während ihr Pferd Dresden Mann eher gelangweilt auf den Boden starrt. Unter dem Applaus der Zuschauer noch die Ehrenrunde im Dressur-Viereck, dann ist Eile geboten. Nach dem Sieg in der Prüfung St. Georg Special muss Ingrid Klimke schnell zurück in den Stall. Dort wartet schon ihre Mitarbeiterin mit Liostro, dem zweiten Pferd, das sie nach Hanstedt mitgebracht hat. Mit dem zehnjährigen Fuchswallach bereitet sie sich auf die schwierigste Prüfung der Veranstaltung vor, den Grand Prix de Dressage.

Die Mannschafts-Olympiasiegerin in der Vielseitigkeit ist Gast des Dressurreiterclubs Niedersachsen. Denn die Dressur ist, wie schon bei ihrem Vater, die andere große sportliche Passion der Pferdeversteherin. Und natürlich auch die zweite Grundlage für ihren wirtschaftlichen Erfolg.

Für alle, die den Dressursport mit stiller Bewunderung genießen, ohne sich im Detail auszukennen, erläutert Organisatorin Silvia Burfeind: "Diese Drei-Sterne-Prüfung ist die zweithöchste im Dressursport. Darüber gibt es nur noch, wie bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, den Grand Prix Spezial." Dressursport der absoluten Spitzenklasse also in Hanstedt. Der Dressurreiterclub, der zu diesen Winterturnieren einlädt, verfolgt damit zwei Ziele. Zum einen können sich junge Reiter in gelöster Atmosphäre an die schwierigsten Aufgaben heran wagen. Zum anderen führen erfahrene Profireiter junge Pferde zu den höchsten Aufgaben in der Dressur.

"Unerfahrene Pferde sind genauso aufgeregt wie weniger routinierte Reiter", sagt Dressurass Hartwig Burfeind, der einen Ausbildungsstall in Sandbostel betreibt. Wie aber ein Routinier wie er reagiert, wenn er seiner Freundin Juliane Brunkhorst zuschauen muss, das war am Rande des Dressurvierecks ein ganz eigenes Erlebnis.

Brunkhorst reitet mit Donna Diandra. Die Stute wechselt in der Mitte der Bahn den Schritt, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Bei diesem Piaffieren schwingt die Reiterin im Sattel im Rhythmus ihres Pferdes mit. Und Hartwig Burfeind, mit der Zigarette in der Hand, tanzt am Rande leise mit. "Beim Zuschauen durchlebe ich die einzelnen Lektionen, als säße ich selbst im Sattel", erzählt er und lächelt über sich selbst. "Kein Außenstehender kann nachvollziehen, wie unglaublich anstrengend es ist, einen Grand Prix zu reiten - für den Reiter und das Pferd."

Donna Diandra gehört einer jungen Schweizer Dressurreiterin. Sie hat ihr Spitzenpferd in die Obhut von Juliane Brunkhorst gegeben. Die Reiterin hat jetzt einen Sommer lang Zeit, der talentierten Pferdedame so viele Feinheiten beizubringen, damit die Stute zum Adel des Dressursport aufsteigen kann. Bei ihrem ersten Versuch in der zweithöchsten sportlichen Dressurliga werden die beiden Sechste.

Auch Ingrid Klimke bringt mit Liostro einen hoffnungsvollen Aufsteiger nach Hanstedt. Seit September ist der kleine Wallach bei der erfolgreichen Ingrid in der Lehre. Welches Selbstbewusstsein das Pferd in dieser Zeit entwickelt hat, beschreibt am schönsten die Pferdepflegerin. "Wenn vor Wochen beim Warmreiten eines der mächtigen Pferde auf Liostro zukam, hat er so reagiert, dass ich ihn am liebsten in den Arm genommen hätte. Heute aber war er schon ganz kess und selbstbewusst."

Auch Ingrid Klimke tätschelt beim Ausreiten dem Tier den Hals und registriert zufrieden: "Enorm, wie schnell er Fortschritte macht." Während die Mama auf dem Abreitplatz ihre Runden dreht, kommt Tochter Greta mit der Nachricht aus der Halle: "Mama, bis jetzt bist du mit einem Punkt weniger Zweite." Daran ändert sich nichts mehr.

Der Sieg im Grand Prix Dressage geht an Nina Hoffmann (Isernhagen) mit Leo af Magnushöj. Hinter Ingrid Klimke mit Liostro wird Uta Riemann (Bederkesa) mit Wild Thing Dritte. Kristina Felicitas Kutter, die wie Juliane Brunkhorst für den Reitverein Harsefeld startet, wird mit Millenium Achte in diesem Klassefeld. Unter den zehn Startern der schwierigsten Prüfung ist der Franzose Jacques Albeck, er belegt mit Collin Rang fünf, der einzige Mann.