Au weia, das fängt ja gut an. Die U 3 fährt am Sonntagmorgen nur bis zum Berliner Tor und wird danach durch einen Bus ersetzt. Wenn es so weiter geht, komme ich noch zu spät zu meinem ersten Halbmarathonlauf.

Wilhelmsburg. Damit es so weit nicht kommt, lege ich noch vor dem Startschuss ungeplant einen kleinen Spurt hin.

Angekommen auf dem Hof des Berufsschulzentrums Wilhelmsburg hätte ich mich an normalen Tagen wohl nicht so einfach zurechtgefunden. Doch heute ist der Weg zur Anmelderschalter in einer der vielen Pausenhallen eindeutig. Menschen ohne Startnummer gehen ins Gebäude G17 hinein und mit mir heraus.

Mit der "1118" auf der Brust und einem sogenannten Transponder im Schnürsenkel ab zur Startlinie, wo schon mehr als 200 Mitbewerber geradezu sprichwörtlich mit den Hufen scharren. Zum Glück habe ich keine Zeit zum Nervöswerden. Denn während ich noch meine Trinkflasche ansetze, fällt plötzlich der Startschuss. Also "auf Ex" und los!

"Insellauf", heißt die Veranstaltung, für die ich mich als Freizeitjogger einfach einmal angemeldet habe. Bei diesem Namen denke ich an Hafenpromenaden und Elbuferwege. Stattdessen sehe ich vor allem Felder und einen Deich, der mich an die Landschaft Ostfrieslands erinnert. So grün kann Hamburg sein.

Eigentlich wollte ein Freund von mir mitlaufen, als er von meiner Anmeldung erfuhr. Als Marc dann zwei Tage vor dem Lauf wegen Fiebers absagt, bin ich schon ein wenig erleichtert. Zu groß war die Gefahr, vor Zeugen aus dem Bekanntenkreis jämmerlich schlapp zu machen. So denken Jungs eben.

Unbefangen und unverfänglich kann ich mich also mit der Konkurrenz messen. Bei meinem Lauf durch die Einöde wird mir klar, dass das meine einzige Motivation ist. Denn es macht eigentlich überhaupt keinen Sinn, sonntagmorgens durch die Gegend zu rennen. Außer, man will sich beweisen, einen Tick schneller zu sein als der da.

Bei Kilometer 19 sehe ich noch zwei Frauen und einen Mann einige hundert Meter vor mir laufen. Sie sind jetzt zu meinem persönlichen Maßstab auserkoren. Ich drücke daher die Füße etwas fester gegen den Asphalt und gewinne an Tempo. Der erste Gegner ist nach gefühlten hundert Metern überholt. Doch ich bin schon an der Wegmarke "20" vorbei und das Paar vor mir macht es mir nicht leicht.

Er gibt zwar relativ schnell auf. Doch sie beißt die Zähne zusammen, als sie mich auf gleicher Höhe entdeckt. Ich verstehe die Kampfansage und reiße mein Bein bei jedem Satz etwas weiter nach vorne. Als ich sehe, dass sie aufgibt, mache ich wieder normale Schritte. Später werde ich ihr mit einem alkoholfreien Weizenbier zuprosten. Doch zuvor muss ich noch über die Ziellinie auf dem Sportplatz an der Dratelnstraße. Als 256. von 339 nach 2:11,50 Stunden.