Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann besucht Fußballschule des OSV, in der 35 sozial benachteiligte Kinder kostenlos kicken.

Lüneburg. Uwe Plikat schaut in gespannte Gesichter und macht die Regeln klar. "Wenn der Trainer redet, sind Kinder still, und die Bälle ruhen. Zweite Regel: Der Trainer hat immer recht." 49 Mädchen und Jungen in Trainingshosen und Trikots, Trinkflaschen in den Händen, hören zu. Auf ihre Jacken sind Zahlen und Spielernamen gedruckt. Götze, Özil, Reus oder Hummels steht da. Die Regeln gelten aber nicht im Trainingslager der größten Nachwuchshoffnungen des deutschen Fußballverbands, sondern in der Fußballschule Ochtmissen.

Zum zweiten Mal hat der Ochtmisser Sportverein ein Projekt auf die Beine gestellt, in dem auch die Kinder Spaß am Fußball haben können, deren Eltern sich teure Fußballcamps nicht leisten können. Als Vater eines Sohnes weiß Uwe Plikat, was diese Art Ferienprogramm kostet, oft mehr als 180 Euro pro Woche. Und Plikat weiß auch, dass die Kinder nach den Ferien in der Schule gern ein bisschen angeben. "Mein Sohn hat das T-Shirt von der HSV-Fußballschule noch lange danach gern angezogen. Deshalb war es uns auch wichtig, dass jedes Kind eine komplette Ausrüstung erhält, die es mit nach Hause nehmen kann."

In der ersten Trainingseinheit der Fußballschule wird der Dribbelkönig gesucht. Markiert mit bunten Plastikhütchen, sind verschiedene Stationen aufgebaut. Die Kinder sind motiviert, laufen im Slalom durch den Stangenwald. Am Donnerstag werden die Neun- bis Zwölfjährigen die Prüfungen für das Fußballabzeichen des Deutschen Fußballbundes ablegen. In der Pause greift Shammo zu ihrer Trinkflasche. Dass Jungen oft ruppiger spielen als Mädchen, stört sie nicht. "Ich bin dafür schnell", sagt die Elfjährige und lacht. Ihre langen, schwarzen Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. "Damit ich den Überblick habe". Sie freut sich, dass auch ihre jüngere Schwester mitspielt. Selbst in den Ferien zeitig aufzustehen ist für die Mädchen kein Thema. "Das macht mir nichts aus, ich freue mich ja aufs Training", sagt Shammo.

35 Kinder aus sozial benachteiligten Familien kicken hier eine Woche kostenlos. Vermittelt wurden sie von den Sozialverbänden, die in Stadt und Landkreis aktiv sind. Für Ausrüstung, Trainerhonorar und Verpflegung haben Uwe Plikat und Michael Gimball, der Präsident des Vereins, Sponsoren gesucht. Mithilfe der Lotto-Stiftung, der Stiftung der Sparkasse und der Aktion Glückspfennig von Airbus kamen 6500 Euro zusammen. So viel Engagement kommt an. Stolz zeigen Uwe Plikat und Michael Gimball ein Schreiben von Jogi Löw, in dem der Bundestrainer die Organisatoren des Projektes beglückwünscht. Auch die niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan findet nur lobende Worte, ebenso ihr CDU-Parteikollege und Kultusminister Bernd Althusmann, der gestern persönlich vorbeischaute.

"Hauptsache ist, dass die Kinder vom Fernseher weg und auf den Sportplatz kommen", sagt Uwe Plikat. Aber die Kinder sollen nicht nur lernen, Fußball zu spielen, sondern auch etwas über Teamgeist, Fairness und Freundschaft erfahren. "Manche Kinder sind ganz schön frech. Aber im Laufe der Woche wird das besser", sagt Kaya Hüseyin, der früher Mittelfeldspieler in der ersten Herrenmannschaft war und nach einem Kreuzbandriss aufhören musste. Für die Fußballschule seines Vereins hat er sich eine Woche Urlaub genommen.

"Wir wissen, dass einige Probleme haben, regelmäßig zu kommen. Also haben wir uns etwas ausgedacht. Wir verlosen am Freitag unter allen Kindern, die jeden Tag da waren, verschiedene Preise", sagt Uwe Plikat. Dabei sind unter anderem Trikots der Jugendmannschaft von Werder Bremen und ein Borussia Dortmund-Trikot, auf dem alle Spieler unterschrieben haben. Der Hauptgewinn wird auf jeden Fall für Gänsehaut sorgen: Vier Kinder werden in der kommenden Saison die Profimannschaften der beiden großen Hamburger Fußballklubs vor einem Heimspiel auf das Spielfeld begleiten. Zwei Kinder dürfen mit dem HSV auflaufen, zwei Kinder führen die Spieler des FC St. Pauli auf den Rasen.

Von solchen Aussichten lässt sich Dennis nicht aus der Ruhe bringen. Gerade versucht er mit dem Ball am Fuß, seinen Gegenspieler auszutricksen und zwischen den Torstangen hindurchzuschlüpfen. Immer wieder täuscht er an, schaut kurz hoch, und als es ihm im dritten Anlauf gelingt, seinen Gegner zu verladen, reißt er die Arme hoch. Dennis gehört zum Team Reus. "Den kenne ich, der spielt bei Dortmund", sagt der Zehnjährige. Überhaupt kennt er sich gut aus mit Fußball. Am liebsten schießt er Tore. Schon im vergangen Jahr hat er die Fußballschule des OSV besucht. "Ich bin über die Awo hierher gekommen. Die haben gefragt, ob mir das Spaß machen würde. Und ich habe sofort ja gesagt."