Eine Lüneburger Arbeitsgruppe soll einen gemeinsamen Entwurf erarbeiten, der an die ehemalige Synagoge der Stadt erinnern soll.

Lüneburg. Carl-Peter von Mansberg hat klare Vorstellungen. Wandelemente aus Beton, verbunden durch Metallgitter, sollen eine Fläche von genau 7,21 Meter mal 7,01 Meter umschließen. Auch der Vorraum, der die Gedenkstätte zur Straße abschirmt, soll die identischen Flächenmaße der Synagoge aufweisen, die bis 1938 an der Kreuzung Schifferwall, Reichenbachstraße das Bild prägte. In der Mitte des leicht abgesenkten angedeuteten Gebetsraumes soll die Stele Platz finden, mit der seit 1955 an das jüdische Gebetshaus erinnert wird, in dem sich vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten regelmäßig die Mitglieder von rund 60 Familien der jüdischen Gemeinde in Lüneburg versammelten.

Von Mansberg hat im Auftrag der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Lüneburg einen Entwurf für die Neugestaltung der Gedenkstätte erarbeitet. Eine Rekonstruktion beabsichtigt er nicht. Auch expressionistische Gesten seien aus seiner Sicht der Gedenkstätte nicht angemessen, sagt der 77-Jährige. Vielmehr sollen Besucher eine entfernte Erinnerung an den ehemaligen Gebetsraum des Tempels erfahren.

Obwohl der Rat im Februar 2010 eine Neugestaltung der Gedenkstätte beschlossen hat, stehen die Chancen, dass von Mansbergs Entwurf umgesetzt wird, allerdings nicht allzu gut. Jürgen Landmann, der als Kulturreferent unter anderem für den jüdischen Friedhof zuständig ist, kritisiert, dass die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Lüneburg in Eigenregie einen Entwurf in Auftrag gegeben habe, ohne sich vorher mit der Stadt abzustimmen. "Der Entwurf geht über die Grenzen des städtischen Grundstücks hinaus. Er kann also in dieser Form nicht umgesetzt werden." Architekt von Mansberg sagt dazu, dass er mit den Eigentümer des Nachbargrundstücks über seinen Entwurf gesprochen habe und dieser sich aufgeschlossen und kompromissbereit gezeigt hatte.

Dennoch müsse die Stadt als Grundstücksinhaber die Verhandlungen mit dem Nachbarn führen, stellte Peter Koch, Erster Stadtrat und verantwortlich für den Bereich Kultur, auf der Sitzung des Kulturausschusses am Freitag klar. Ein weiterer Punkt, den Jürgen Landmann gegen von Mansbergs Entwurf ins Feld führt, sind die Kosten. Etwa 168 000 Euro schätzt der Architekt, werden für das Mahnmal nötig sein. Die Stadt will für die neue Gedenkstätte 50 000 Euro zur Verfügung stellen. Weitere 100 000 Euro sollen durch Stiftungen und Spenden finanziert werden.

Ela Griepenkerl, die sich in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Lüneburg engagiert und die jährliche Gedenkveranstaltung am 9. November organisiert, sagte, sie sei dankbar, dass sich die Stadt des Themas endlich annehme. Von Mansbergs Entwurf lobte die Lüneburgerin als "genial". An die neue Gedenkstätte hat sie große Erwartungen. "Der Ort soll Fragen aufwerfen und keine fertigen Antworten liefern."

In der Vergangenheit hatten Politiker immer wieder bemängelt, wie unscheinbar die Gedenkstätte sei. "Einheimische und Touristen gehen in der Regel achtlos vorüber. Der Stein ist in die Jahre gekommen und entspricht in seinem ganzen Erscheinungsbild nicht mehr den Anforderungen an eine dem Anlass angemessene Erinnerungsstätte", heißt es auf der Homepage der Lüneburger SPD. Zwei Jahre legte die Stadt kein Konzept vor. Nun, da bereits ein Entwurf auf dem Tisch liegt, reagiert auch die Stadt.

Kulturreferent Jürgen Landmann möchte möglichst viele Partner in die Gestaltung einer neuen Gedenkstätte einbinden, unter anderem die Geschichtswerkstatt, die evangelisch-lutherische Landeskirche, den Landesverband jüdischer Gemeinden in Niedersachsen, die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten und die katholische Kirche.

Eine Arbeitsgruppe soll gemeinsam erarbeiten und prüfen, wie der neue Gedenkort aussehen könnte. Dabei müsse berücksichtigt werden, welche Ansprüche Gedenkstätten heute zu erfüllen haben. "Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass an dem Ort ein Modell der Synagoge auf einer Bronzeplatte an das Gebetshaus erinnert", sagt Jürgen Landmann. Der Kulturreferent hat ehrgeizige Ziele. Am 9. November 2013, ein Dreivierteljahrhundert nach der Reichspogromnacht, soll die neue Gedenkstätte eingeweiht werden.