Zwei Bücher geben Einblick in die Geschichte der Glaubensgemeinschaften in Lüneburg. Klöster waren im Mittelalter wichtige Bildungsstätten.

Lüneburg. Hildeswidis von Markboldestorp (Marmstorf) ließ sich vor 840 Jahren mit dem Wunsch, eine klösterliche Gemeinschaft zu gründen, bei der Jakobskapelle in Lüne nieder. "Bischof Hugo von Verden bestätigte die Stiftung mit der ausdrücklichen Zustimmung Heinrichs des Löwen am 9. Januar 1172", beschreibt Uta Reinhardt die Anfänge des Klosters Lüne.

Die ehemalige Leiterin des Lüneburger Stadtarchivs gehört zu den 138 Autoren, die ehrenamtlich das "Niedersächsische Klosterbuch" erstellt haben. Auch in einer zweiten aktuellen Neuerscheinung, dem "Urkundenbuch des Klosters Lüne", wird die mit einem Siegel versehene Urkunde aus dem Jahr 1172 zitiert. Historiker Dieter Brosius hat als Bearbeiter des Buches 712 handschriftlich verfasste Dokumente der lokalen Klostergeschichte in den Originalsprachen Latein und Niederdeutsch zusammengetragen und beschrieben.

"Dieses Quellenwerk ist kein Lese- sondern ein Arbeitsbuch", sagt Brosius. Er selbst habe eine vierstellige Stundenzahl hinter Klostermauern verbracht, um die mittelalterlichen Schriftsätze des Lüner Archivs Studenten und Berufskollegen bequem zugänglich zu machen. Zu Tage gefördert hat der Autor unter anderem eine Beschreibung der Propstwahl im Kapitelsaal des Klosters Lüne im Juni 1493.

Die Amtseinführung des vom "Convent des Benedictinerinnenklosters" bestimmten Nikolaus Schomaker wurde mit Bürgermeistern, Ratsherren und Sülfmeistern gefeiert. Der aus reichen Verhältnissen stammende Propst ließ zwei Jahre später den Klosterchor verlängern, eine Orgel erbauen, ein Taufgefäß gießen und ein wertvolles Kirchenbild anfertigen. In seinem Testament von 1505 vermachte er dem Kloster 2000 rheinische Gulden.

"Die Quellensammlung leistet auch einen Beitrag zur Erforschung der Lüneburger Adelsgeschichte", sagt Brosius. Denn Erbschaften und Schenkungen ließen Rückschlüsse auf das jeweilige Vermögen zu. "Außerdem gibt es Hinweise auf die Beziehungen zwischen den einzelnen Familien."

Die unverheirateten Töchter des Adels und gehobenen Bürgertums wurden anfangs nur bis zum Alter von zwölf Jahren in das Kloster mit zeitweise mehr als 80 Nonnen aufgenommen. Sie wurden dort in Religion unterrichtet und arbeiteten unter anderem an wertvollen Teppichen. Damit waren sie von dem teilweise rüden Leben im mittelalterlichen Lüneburg abgeschirmt. In einer der Handschriften wenden sich die Klosterleiter beispielsweise gegen ausschweifende Zechgelage, die alljährlich in der Bartholomäusnacht auf der benachbarten Heerstraße stattfanden.

Brosius' Dokumentensammlung, die einen historischen Vorgänger aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und das Urkundenbuch des Klosters Scharnebeck ergänzen soll, endet mit einer Verzichtserklärung des letzten Propstes vom 24. März 1530. Er wurde während der lutherischen Reformation im Fürstentum Lüneburg von Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg-Celle seines Kirchenamtes enthoben.

Die Geschichte des Klosters Lüne weitergeschrieben hat Uta Reinhardt in ihrem Beitrag für die Darstellung von 365 klösterlichen Einrichtungen in Niedersachsen und Bremen. Allein in der Hansestadt Lüneburg gab es neben dem Kloster jenseits der Ilmenau sechs Orte, die in dem Klosterbuch beschrieben werden. Dazu zählen neben den Beginenhäusern Blauer Konvent und Neuer Konvent sowie dem Minderstift St. Johannes Baptista die Klöster der Benediktiner an der Hauptkirche St. Michaelis, der Prämonstratenser im Johannesviertel und der Franziskaner in der heutigen Ratsbücherei.

Dass das Gebäude am Marienplatz bis heute eine Bibliothek beherbergt, ist ein glücklicher Zufall. Für Josef Dolle vom Göttinger Institut für Historische Landesforschung ist es definitiv kein Bruch mit der Geschichte. "Klöster waren im Mittelalter außerordentlich wichtige Wissenszentren." Da störe es auch nicht, dass die Ratsbücherei heute unter anderem Comics im Bestand hat, so der Herausgeber des Klosterbuchs. Er selbst hat darauf geachtet, dass die Autoren wie Uta Reinhardt die historischen Originaldokumente jeweils zu leicht lesbaren Geschichten zusammenfügen, die auch für Hobbyhistoriker interessant seien.

Zu kaufen gibt es die auf 2248 Seiten in vier Bänden dargestellte landesweite Klostergeschichte bis zu den Napoleonischen Kriegen von August an für 116 Euro. Dieter Brosius' 737 Seiten umfassendes Urkundenbuch mit Leineneinband kostet 59 Euro.