Chinesische Modestudentinnen besuchen die Summer-School der Leuphana und lernen das derzeit recht kalte Deutschland kennen.

Lüneburg. Dass der deutsche Sommer sich derzeit wenig freundlich zeigt, stört Yibo Zhang nicht besonders. In ihrer Heimat, dem chinesischen Hangzhou in der Provinz Zhejiang ist es nämlich dieser Tage außerordentlich heiß: 38 Grad im Schatten werden dort erreicht. Die 20 Grad bei Nieselregen in Norddeutschland sind für sie erträglicher, sagt sie.

Gemeinsam mit 24 Studierenden besucht Yibo Zhang als Tutorin derzeit die Leuphana Summer-School - und sammelt außerdem Eindrücke über ihr Gastland Deutschland, das in vielerlei Hinsicht anders ist als ihre chinesische Heimat. 18 Flugstunden sind die Masterstudentinnen derzeit von Hangzhou entfernt, alle sind zum ersten Mal in Europa. Vermittelt hat ihren Aufenthalt der Lüneburger Verein Chinaforum um Stefanie Sivkovich. Zum zweiten Mal nehmen chinesische Studenten auf diese Weise an einer Leuphana Summer-School in der Lüneburger Heide teil.

Kennen gelernt haben die Studentinnen, die in Hangzhou an der technischen Universität Mode und Design studieren, bereits den Urlaubsort Travemünde an der Ostseeküste. Die freundliche Urlaubsatmosphäre dort hat ihnen gefallen, obwohl es leider auch am Meer geregnet hat. Und natürlich haben sie Lüneburg besichtigt, waren beeindruckt von den alten Gebäuden, dem Rathaus und der Altstadt. Gestaunt haben sie über die Schweine allerorten: Die Lüneburger Salzsau ist ihnen immer wieder begegnet, sei es aus Marzipan oder in Gestalt einer Skulptur vor den Geschäften in der Innenstadt.

Um das gehäufte Auftreten des Borstenviehs im Stadtbild zu erklären, hilft ein kurzer Ausflug in die Lüneburger Stadtgeschichte: Der Legende nach war es bekanntlich ein Wildschwein, dass die Salzvorräte unter der Stadt entdeckte. Das erklärt Vieles - in China spielen Schweine als Glückbringer nämlich keine große Rolle. Dort kennt man sie eher als Bestandteil der Speisekarte oder als Tierzeichen im chinesischen Horoskop.

Viele Unterschiede gibt es auch bei den Essgewohnheiten: Dass die Deutschen im vorübergehen und überall essen, das erstaunt die Chinesen. "Die Chinesen lieben es, stundenlang zu tafeln. Sie genießen ihre gemeinsamen Mahlzeiten und ziehen sie bewusst in die Länge", sagt Yibo Zhang.

So ein Zusammentreffen in einem chinesischen Teehaus, in dem nicht nur Getränke, sondern auch traditionell gefertigte Spezialitäten der Region angeboten werden, kann sich schon über den halben Tag hinziehen. "Im Osten Chinas sind saure Speisen beliebt", erklärt die chinesische Studentin Yi Wang. Und auch Salziges mag man dort, außerdem muss zart und knusprig sein, was rund um die Stadt Hangzhou auf den Tisch kommt.

Zu den Mahlzeiten gibt es dann klassische chinesische Getränke, zu denen übrigens nicht nur der Tee zählt. "Auch Schnaps, Bier, Pflaumenwein und Reiswein können neben Wasser zu einer Mahlzeit gehören", sagt Yibo Zhang.

Sehr angetan sind die Chinesinnen übrigens von deutschem Gebäck, von der Auswahl an Kuchen und den zahlreichen Desserts. "Im Anfertigen von Nachspeisen und Gebäck sind die chinesischen Köche nicht besonders engagiert", sagt die Studentin Lei Wang. Die nachmittägliche Kaffeestunde gibt es in China nicht, auch nicht am Wochenende.

Und wie gefällt den chinesischen Gästen, die sich während ihres Aufenthalts an der Leuphana vor allem mit wirtschaftlichen Themen beschäftigen, die deutsche Mode? "Sehr leger, sehr zwanglos und lässig", sagt Yibo Zhang. In ihrer Heimat gewinnt die einheimische Modeindustrie immer mehr an Bedeutung, auch wenn chinesische Designer sich derzeit häufig noch an den gängigen europäischen Vorbildern wie Paris und Rom orientieren. Aber Chinas Modeschöpfer werden immer wichtiger: Seit zwei Jahren nehmen einige von ihnen an der Pariser Modewoche teil.

Für Studentin Lei Zhang hat sich jedenfalls die Reise nach Lüneburg in jedem Fall gelohnt. Deutsche Musik will sie mit nach Hause nehmen. "Mozart ist ein außerordentlich beliebter Komponist in China", sagt sie. Yibo Zhang dagegen schwärmt für Beethoven und bedauert, dass das Schleswig-Holstein-Musikfestival noch nicht begonnen hat: Die Konzert dort wären vorübergehend für sie in Reichweite gewesen.

Nicht mehr lange allerdings. Ein paar Tage noch, dann reisen die chinesischen Masterstudentinnen weiter nach München. Nach einem kurzen Aufenthalt in der bayerischen Hauptstadt geht es dann zurück nach China. Die Lüneburger Bürger haben im Herbst Gelegenheit, den Besuch zu erwidern: Dann reist das Chinaforum vom 20. Oktober bis zum 4. November um die halbe Welt nach Hangzhou.